Verdächtig reiche US-DemokratinAusgerechnet «Investment-Queen» Pelosi will Insiderhandel nicht verbieten
Die höchste Parlamentarierin widersetzt sich Plänen ihrer Partei gegen den Aktienhandel von Kongressmitgliedern. Dabei stellen sich gerade beim Reichtum der Pelosis heikle Fragen.

Finanziell gesehen war 2021 ein sehr gutes Jahr im US-Kongress. Mehr als hundert Parlamentarier kauften und verkauften Aktien und Optionen im Wert von fast 290 Millionen Dollar und schnitten besser ab als die Börsenindizes, wie aus dem Finanzblog «Unusual Whales» hervorgeht.
Erfolgreich und ebenso kontrovers agierte Nancy Pelosi, die ranghöchste Abgeordnete. Obwohl Dutzende ihrer Kollegen die Offenlegungsvorschriften verletzt haben, weigert sie sich, die Bestimmungen zu verschärfen, um so jeden Verdacht auf Insidergeschäfte im Keim zu ersticken.
Heikle Doppelrolle des Ehepaars Pelosi
Das Vermögen des Ehepaars Pelosi ist von 31 Millionen Dollar im Jahr 2008 auf bis zu 256 Millionen angestiegen, wie aus Steuerunterlagen hervorgeht. Dafür verantwortlich ist in erster Linie ein dickes Bündel von Aktien und Optionen, das Ehemann Paul intensiv bewirtschaftet.
Auch wenn Nancy Pelosi selber keine Börsengeschäfte tätigt, ist sie verantwortlich dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht und Paul kein Insiderwissen aus ihrer Tätigkeit ausnutzt. Er wickelt jedes Jahr Dutzende von Börsengeschäften mit Hightech-Firmen wie Facebook, Google, Apple, Amazon, Microsoft, Nvidia und Salesforce ab. Das alles sind Unternehmen, die permanent mit der in San Francisco wohnhaften Nancy Pelosi in Kontakt sind und jeden Regulierungsversuch abzuschwächen versuchen.
Die Börsengeschäfte der Pelosis sind öffentlich und blieben nicht unbemerkt, nachdem sie Jahr für Jahr überdurchschnittlich lukrativ gewesen waren. So erzielten die Pelosis im vergangenen Jahr nach Angaben von «Unusual Whales» einen Gewinn von 29,78 Prozent. Sie übertrafen die drei führenden Börsenindizes um bis zu 30 Prozent. Auf Tiktok und Twitter haben sich Fangruppen gebildet, die Nancy Pelosi scherzhaft «Queen of Investing» nennen und ihre Börsengeschäfte kommentieren und kopieren.
«Auch Parlamentarier sollten sich am freien Markt beteiligen können»: Pelosis Antwort war ein Affront.
Ein erster Versuch, die Börsengeschäfte im US-Kongress zu regeln, geht auf die Finanzkrise 2008 zurück. Nachträglich wurde bekannt, dass Parlamentarier und ihre Mitarbeiter frühzeitig Aktien von Unternehmen gekauft hatten, denen die Regierung finanziell später zu Hilfe kommen würde. Diese Insiderdeals blieben ungesühnt, doch gehörte Pelosi gemäss einem Bericht von CBS zum Kreis der Verdächtigen. Bestätigt wurde der Verdacht nicht. Der Kongress setzte 2012 eine Meldepflicht für Börsentransaktionen in Kraft, die allerdings so löchrig war, dass sie bis heute umgangen wird und im schlimmsten Fall eine milde Busse auslöst.
2021 verstiessen mehr als 50 Parlamentarier gemäss «Business Insider» gegen die Vorschriften, wonach Transaktionen innert 45 Tagen gemeldet werden müssen. Das Justizministerium eröffnete gegen vier Senatoren ein Verfahren, weil vermutet wurde, sie hätten Insiderwissen um die Entwicklung von Corona-Impfstoffen für Börsengeschäfte ausgenutzt. Die Verfahren versandeten. Nur die Börsenaufsicht ermittelt noch gegen den republikanischen Senator Richard Burr.
Allerdings zahlten zwei Republikaner einen politischen Preis für den Insiderskandal. Kelly Loeffler, deren Ehemann Chef der New Yorker Börse ist, und David Perdue verloren den Kampf um die zwei Sitze von Georgia im Senat. Die Sitze gingen an Demokraten. Sie sicherten eine hauchdünne Mehrheit im Senat, ohne die Präsident Joe Biden völlig machtlos wäre.
Das Ausnutzen von Insiderwissen flammte erst im vergangenen Sommer richtig auf, als die Pelosis mit Optionen auf Google-Aktien einen satten Gewinn von 5,3 Millionen Dollar einstrichen. Die Transaktion erschien verdächtig, erfolgte sie doch, kurz bevor die Justizkommission des Abgeordnetenhauses über eine Kartellregulierung für Techriesen wie Google abstimmte.
10 Prozent besitzen mehr als der Rest
Angesprochen auf den Deal, gab sich Pelosi kühl. Erstens habe sie nichts davon gewusst, und zweitens herrsche in den USA der freie Markt. «Auch Parlamentarier sollten sich daran beteiligen können.» Ihre Antwort war ein Affront und zeugte von wenig politischem Fingerspitzengefühl. Dieser Ansicht waren Mitglieder beider Parteien. Kevin McCarthy, Minderheitsführer der Republikaner und wahrscheinlicher Nachfolger von Pelosi nach den Wahlen diesen Herbst, forderte ein sofortiges Verbot von Aktiengeschäften. Auffällig viele Trump-Anhänger schlossen sich der populären Forderung an.
Inzwischen liegen vier Gesetzesänderungen vor dem Kongress, die Börsengeschäfte untersagen, die Meldepflicht verschärfen und die Gerichte in die Regulierung einbeziehen wollen. Im vergangenen Jahr sah sich bereits die US-Notenbank zum Handeln gezwungen, nachdem mehrere Mitglieder Insidergeschäfte getätigt hatten und Banker den Posten hatten räumen müssen.
Mehr als die Hälfte der Kongressmitglieder weisen gemäss der auf Finanztransparenz spezialisierten Nichtregierungsorganisation Open Secrets ein Nettovermögen von über einer Million Dollar aus. So ganz anders als im Volk sieht das Bild allerdings nicht aus. Auch im Kongress herrscht eine Zweiklassengesellschaft. Die 10 Prozent der Reichsten besitzen dreimal mehr als die restlichen 90 Prozent.
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