Aus Notgroschen wird eine Goldgrube
Seit 1936 führt die Einwohnergemeinde Huttwil im benachbarten luzernischen Hüswil ein Kieswerk. Dessen Zweck hat sich verändert. In der aktuellen «Heimatkunde des Wiggertals» wird seine Geschichte dargestellt.

Kies wurde auch schon als das neue Gold bezeichnet, so wichtig ist es als Bestandteil von Beton und damit als Baumaterial. Eine solche Goldgrube besitzt Huttwil im benachbarten Hüswil. Als Eigentümerin kann die Einwohnergemeinde ihre Kasse aus den Ablieferungen wesentlich entlasten. Ursprünglich war der Grund für den Schritt über die Kantonsgrenze jedoch ein anderer, wie der pensionierte Ufhuser Sekundarlehrer Josef Stöckli in der neuesten «Heimatkunde des Wiggertals» darstellt.
Stöckli erinnert einleitend daran, dass Landwirte erst in den 1920er- und 1930er-Jahren damit begannen, Kies und Sand kommerziell abzubauen und mit diesen zu handeln. In Huttwil betrieb die Einwohnergemeinde in Schwarzenbach, auf dem heutigen Areal des Campus Perspektiven, eine Grube.
Kiesabbau war zu dieser Zeit jedoch vor allem Handarbeit, mit Pickel, Schaufel und Schubkarren. Entsprechend viele Leute brauchte es in den Gruben. Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war jedoch vor allem eine Krisenzeit, in der Arbeit oft rar war. In der Schweiz stieg die Arbeitslosigkeit zum Beispiel im Jahr 1922 von 0,5 auf 3,5 Prozent, im Jahr 1936 sogar auf 4,5 Prozent.
Keine Versicherung
Das war vor allem deshalb viel, weil es noch keine Arbeitslosenversicherung gab. Die Gemeinde Huttwil benützte ihre Kiesgrube aus diesem Grund, um Arbeitslose zu beschäftigen. Bis zu 30 Männer fanden dort in Krisenzeiten einen Notgroschen.
Bei den Arbeitslosen war diese Beschäftigung willkommen, ersparte sie doch den demütigenden Gang ins Stadthaus, um Sozialhilfe zu beziehen. Doch die Grube in Schwarzenbach war zu dieser Zeit nahezu erschöpft. Eine Erweiterung des Abbaugebietes scheiterte am Widerstand der Landbesitzer. In Hüswil betrieb der Landwirt Anton Getzmann aus Ufhusen im Steinberg ebenfalls eine Kiesgrube. Mit ihm wurde die Gemeinde Huttwil am 16. Dezember 1936 nach zähen Verhandlungen handelseinig – und konnte sie kaufen.
Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, ging die Arbeitslosigkeit schnell zurück. Dazu trug auch der Militärdienst bei, zu dem viele Männer einrücken mussten. Da die sehr gute Kiesqualität aus dem Napfvorland jedoch nach wie vor gefragt war, wurde die Grube weiterbetrieben.

Maschinen statt Menschen
Um der gestiegenen Nachfrage im Hoch- und Tiefbau gerecht zu werden, wurde der Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg mechanisiert. 1950 wurde ein erster Trax angeschafft, 1953 wurde ein neuer Vertrag mit Johann Getzmann, dem Sohn von Anton, abgeschlossen. Getzmann war von da an für den Verkauf und den Transport des Kieses verantwortlich.
1961, 1968, 1993 und 2001 konnte die Einwohnergemeinde zusätzliche Abbaugebiete erwerben. 1961 nahm sie eine Aufbereitungsanlage für Strassenbelag in Betrieb. 1967 übernahm sie vom Verkäufer auch die Transporte, 1970 baute sie für 2,5 Millionen eine neue Kiesaufbereitungsanlage. Als Folge dieser Ausbauschritte sind heute auf dem Areal drei Betriebe angesiedelt: die Kieswerk Hüswil AG, die Beton AG Hüswil und die Napf Transporte AG. Sie erzielen zusammen einen jährlichen Umsatz von 20 Millionen Franken und beschäftigen 19 Mitarbeitende.
«Der ursprüngliche Zweck der Einwohnergemeinde Huttwil, die Arbeitsbeschaffung für Arbeitslose, hat gut florierenden Betrieben Platz gemacht», schliesst Josef Stöckli seinen Text. «Und für die Gemeindekasse von Huttwil ist daraus eine Goldgrube geworden», wäre aus Berner Sicht zu ergänzen.
Quelle: «Heimatkunde des Wiggertals 2018». Buchverlag Heimatvereinigung Wiggertal, Willisau. ISBN 978-3-95244222-5-8
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