Umbau in der Berner AltstadtAus dem Gespensterhaus wird ein Wohnhaus
Ein Gebäude in der Berner Junkerngasse ist seit Jahrhunderten unbewohnt – nun will die Eidgenossenschaft das Haus ausbauen.

Es ist ein herber Schlag für die Freunde städtischer Kuriositäten und Gespenstergeschichten: Das Ende des Berner Geisterhauses naht. Das Gebäude an der Junkerngasse 54 ist seit dem Mittelalter nur spartanisch ausgebaut und wurde nie dauerhaft bewohnt – was verschiedenen Schauermärchen Vorschub leistete.
Ab Sommer soll das Haus nun aber ausgebaut werden: im Erdgeschoss ein Ladenlokal, im ersten Stock ein Büro und in den drei Etagen darüber eine Dreizimmerwohnung. Das geht aus einem jüngst publizierten Baugesuch hervor.
Bauherr ist das Bundesamt für Bauten und Logistik. Denn die Immobilie gehört der Eidgenossenschaft: Das Gebäude wurde ihr zusammen mit dem gegenüberliegenden Béatrice-von-Wattenwyl-Haus geschenkt. Das war 1934. Die Junkerngasse 54 diente damals und bereits in den Jahrhunderten davor als Garage, Stall und Stauraum für das Von-Wattenwyl-Haus.
Einst «viel zu dunkel und zu klein»
Gemäss heutigem Kenntnisstand wurde es seit seinem Bau im 15. Jahrhundert nie als Wohnhaus verwendet, zumindest war es nie an die mittelalterliche Stadtberner Kanalisation angeschlossen. Der Bund liess als neuer Eigentümer zwar einst eine Toilette einbauen, aber ansonsten kümmerte sich die Eidgenossenschaft kaum um das kleine Haus an bester Lage. Es wurde nur sporadisch genutzt, etwa um Modelle von Architekturwettbewerben des Bundes auszustellen.

Noch vor dreizehn Jahren sagte eine Kulturhistorikerin des Bundesamts für Bauten und Logistik der «Berner Zeitung», dass das Haus «viel zu dunkel und zu klein» sei für einen Ausbau. Doch die Zeiten haben sich geändert, Wohnraum ist rar und urbanes Wohnen angesagter denn je.
So investiert der Bund nun 1,5 Millionen Franken, um das Gebäude mit seinen 73 Quadratmetern Grundfläche wohnlich zu machen: Es wird ein Keller ausgegraben, und vom Von-Wattenwyl-Haus her werden unter der Junkerngasse hindurch Leitungen verlegt, um das Gespensterhaus von dort aus zu heizen. Anstelle des alten Garagentors soll eine Holz-Glas-Fassade eingebaut werden. Und im Dachstock sollen neu zwei Lukarnen plus zwei kleine Dachfenster Licht ins Innere leiten. Der Baubeginn ist für Juli geplant, zwölf Monate später soll das Haus in ungesehenem Glanz erstrahlen. Der städtische Denkmalschutz hat bereits grünes Licht gegeben, die Einsprachefrist läuft jedoch noch.
Exklusiver Mieterkreis
Die Wohnung trumpft gemäss den aufliegenden Bauplänen mit drei grossen, offenen Räumen auf. Doch Normalbürgerinnen und -bürger werden sich nicht für das mittelalterlich-moderne Bijou bewerben können. Die Wohnung sei «für eine bundesinterne Nutzung vorgesehen», heisst es beim Bundesamt für Bauten und Logistik.

Also eine Wochenaufenthalter-Wohnung für einen Chefbeamten oder gar für einen Bundesrat? Welche Mieterschaft infrage komme, sei noch nicht festgelegt, so das Bundesamt. Auch der Mietzins sei noch offen. Seitens der Landesregierung war die Nachfrage nach einem entsprechenden Angebot bisher nicht allzu gross: So ist die Bundesratswohnung gegenüber im Von-Wattenwyl-Haus unbewohnt, seit Doris Leuthard Ende 2018 aus dem Bundesrat zurückgetreten ist. Nun soll die exklusive Bleibe saniert werden.
So oder so ist an der Junkerngasse 54 nun nach 500 Jahren fertig gespukt. Auf dem Papier bleiben die Geister jedoch in Erinnerung: Das Bauprojekt des Bundes heisst offiziell «Gespensterhaus».
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