Abwasser Region InterlakenAufbruch zu neuen Ufern
Die Delegiertenversammlung der ARA Region Interlaken nahm Oberried als 16. Gemeinde in den Verband auf. Jetzt konzentriert sich der Gemeindeverband auf die Neuorganisation.

4,1 Millionen Kubikmeter Abwasser reinigte die ARA in Interlaken 2020. Das liegt im Durchschnitt der letzten Jahre, auch wenn die Abwassermenge in der Tourismusregion Corona-bedingt gegenüber 2019 leicht zurückging.
«Kommt nun auch noch das Abwasser der Gemischten Gemeinde Oberried dazu, ist die ARA gut ausgelastet», sagte Präsident Kaspar Boss an der Delegiertenversammlung vom Donnerstag in Matten. Weitere grössere Anschlüsse würden allenfalls in 15 bis 20 Jahren ein Thema; doch dafür müsste die Anlage vergrössert werden.»
Engere Zusammenarbeit
Oberried, das dem Beitritt bereits zugestimmt hatte, wurde von den Delegierten der ARA-Versammlung mit Applaus im Verband aufgenommen. Die Einkaufssumme von 350’000 Franken entspreche pro Kopf etwa denen der anderen Gemeinden, die zuletzt beigetreten waren, erklärte der Präsident. Es handle sich um einen reduzierten Ansatz, der bei «erschwerten Bedingungen» angewendet werde.
Bei Därligen und Leissigen war das die Seeleitung, und auch bei Oberried sind grössere bauliche Anpassungen nötig. Als Nächstes setzt der ARA-Gemeindeverband das neue Organisationsreglement um. Das Reglement ermöglicht ein engeres Zusammengehen der Verbandsgemeinden und stellt ihnen insbesondere frei, ihre Abwasserentsorgung mitsamt der ganzen Infrastruktur dem ARA-Verband zu übertragen (Modell ARA plus).
Alle sagten Ja
Das Reglement war in den letzten Monaten von allen 16 Verbandsgemeinden gutgeheissen worden. Zehn Gemeinden haben sich auch gleich für das ARA-plus-Modell entschieden. Drei behalten ihre Kanalisation, drei entscheiden später. «Unsere Region ist die erste, die eine engere Zusammenarbeit angenommen hat», sagte Vizepräsident Ueli Michel am Donnerstag und wand zugleich auch Kaspar Boss ein Kränzchen, der sich unermüdlich für die Neuorganisation engagiert hat.
«Vermutlich waren wir erfolgreich, weil wir die Neuerung im Gespräch mit den Gemeinden entwickelt haben und nicht versuchten, sie ihnen überzustülpen», meinte Boss
Neue Herausforderungen
Voraussichtlich tritt das neue Reglement Anfang 2023 in Kraft – Corona-bedingt ein Jahr später als ursprünglich geplant. In nächster Zeit beginnt die Vorbereitung der Umsetzung. Dabei wird zum Beispiel auch die Frage geklärt, wie die Kanalisationen der ARA-plus-Gemeinden übernommen werden – alle auf einmal, gruppenweise oder erst nach einem Pilotprojekt mit einzelnen Gemeinden.
So schnell wie möglich brauche es einen Überblick über die Schnittstellen der verschiedenen Gemeindekanalisationen, sagte Mattens Delegierter Hermann Trauffer. Die Dringlichkeit dieses Themas sei bei den letzten Gewittern deutlich geworden, als in Interlaken und Matten ganze Strassenzüge überschwemmte Keller meldeten, weil die Kanalisationen überlastet waren.
Kaspar Boss bestätigte, dass das Abgleichen der verschiedenen Entwässerungspläne ein wichtiges Thema bei der Neuorganisation sei. «Auf so intensive Niederschläge wie letzte Woche sind unsere Kanalisationen aber nicht ausgelegt.» Selbst der neue Stollen, der Mattens Kanalisation bei den Unwettern um drei Kubikmeter Abwasser pro Sekunde entlastete, konnte die Schäden nicht verhindern. Würden solche Ereignisse künftig zur Norm, müsse man sich mit neuen Antworten auf diese «Nebenwirkung» der Klimaerhitzung beschäftigen.
Einwandfreier Betrieb
Die Corona-Krise hat die ARA gut gemeistert. Damit bei einer Ansteckung zumindest ein Teil der Belegschaft den Betrieb hätte weiterführen können, wurde in zwei getrennten Gruppen gearbeitet. Trotz dieser Erschwernis hat das kleine Team den Betrieb einwandfrei während 365 Tagen rund um die Uhr gewährleistet.
Die Rechnung 2020 schloss mit Nettobetriebskosten von 1,64 Millionen Franken – 296’159 Franken besser als budgetiert. Das lag zum einen an tieferen Ausgaben in fast allen Sparten, zum anderen an höheren Erträgen für Eigenleistungen und für mehr Arbeiten im Auftrag der Anschlussgemeinden.
Für 2022 rechnet die ARA mit ähnlichen Zahlen wie die letzten Budgets. Die Versammlung genehmigte die Rechnung, den Kostenverteiler und das Budget diskussionslos. Genehmigt wurden auch die Investitionsrechnung 2020 mit Bruttoinvestitionen von 1,13 Millionen und das Investitionsbudget, das für 2022 rund 1,92 Millionen Franken Investitionen in ARA und Abwassernetz vorsieht.
Als Ersatz für Stefan Imboden, den der Verband als engagiertes Vorstandsmitglied schätzte, wählte die Versammlung auf Vorschlag der Gemeindegruppe Wilderswil, Gsteigwiler, Gündlischwand, Lütschental und Saxeten den Wilderswiler Gemeinderat Roger Jenni.
Fehler gefunden?Jetzt melden.