Auf den Sturm folgen Hangrutsche und Murgänge
Auch am Tag nach dem Sturm Burglind entspannte sich die Situation nicht. Der viele Regen sorgte im Kanton Bern für Hangrutsche und Überschwemmungen, die Lawinengefahr ist gross.
Auf den Wintersturm Burglind vom Mittwoch folgte am Donnerstag der grosse Regen. Dieser liess zusammen mit dem Schmelzwasser nicht nur die Pegel der Seen und Flüsse ansteigen, sondern sorgte im Berner Oberland auch für Hangrutsche und Murgänge. So wurde etwa die Bahnstrecke zwischen Zweilütschinen und Lütschental verschüttet.
Züge seien jedoch keine betroffen gewesen, wie die Berner-Oberland-Bahnen AG mitteilte. Die Aufräumarbeiten würden voraussichtlich bis heute Mittag dauern. Zwischen Zweilütschinen und Grindelwald verkehren bis dahin Ersatzbusse. Im selben Gebiet verschüttete ein Murgang auch die Kantonsstrasse auf einer Länge von 30 Metern.
Auch an diversen anderen Orten kam es zu Erdrutschen. Die Strasse von Frutigen nach Adelboden, die Simmentalstrasse vor Zweisimmen und die Saanenmöserstrasse wurden am Nachmittag verschüttet oder rutschten gar ab. Personen seien aber keine zu Schaden gekommen. Die Strassen mussten aber teilweise gesperrt werden. Am Abend dann war Adelboden aufgrund eines erneuten Murgangs komplett von der Aussenwelt abgeschnitten.
Insgesamt gingen bei der Kantonspolizei Bern bis am späten Donnerstagnachmittag rund 165 neue Meldungen ein. Diese betrafen neben Hangrutschen auch Wassereinbrüche und Bäche, die über die Ufer getreten waren. In Ringgenberg etwa sprudelte das Wasser aus einem kanalisierten Bach auf die Hauptstrasse.
Von grösseren Überschwemmungen im Kanton Bern gingen die Fachleute von Meteo Schweiz aber am Donnerstag nicht aus. Für die Aare unterhalb des Bielersees, die Emme und kleine bis mittlere Flüsse im Oberland wurde zwar die Gefahrenstufe zwei von fünf ausgerufen. Das entspricht aber lediglich einer mässigen Gefahr.
Auch am Donnerstag gab es hohe Windgeschwindigkeiten
Kritisch ist die Situation hingegen in höheren Lagen. Oberhalb von 2200 Metern über Meer fielen bis heute Morgen gebietsweise mehr als 70 Zentimeter Schnee. Entsprechend hoch ist die Lawinengefahr (Stufe vier von fünf). Laut dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) ist die Lage vom Wallis über den Alpennordhang bis ins Unterengadin grossflächig sehr angespannt.
Die Schneedecke ist aufgrund der hohen Nullgradgrenze durchgeweicht, und der Schneefall wurde erneut von starken Winden begleitet – auch wenn diese mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometern pro Stunde nicht an die Böenspitzen vom Mittwoch herankamen. Im Gebirge hat der Wind aber zu Schneeanhäufungen geführt, die sich spontanen lösen können.
Spezialisten rechnen mit grossen Lawinen
Gefährdet sind derzeit nicht nur Wintersportler, sondern auch Anwohner und Verkehrswege an exponierten Lagen. «Wir erwarten grosse Lawinen, die bis in die Täler vordringen können», sagte Christine Pielmeier von SLF zu SRF News. Eine derart grosse Lawinengefahr sei aber nichts «total Ungewöhnliches». Das komme im Schnitt an ein bis zwei Prozent aller Wintertage vor. «Was momentan ungewöhnlich ist, ist, dass weite Teile der Schweiz betroffen sind», so Pielmeier.
Wegen des Windes und der Lawinengefahr blieben am Donnerstag im Oberland erneut diverse Bergbahnen und einzelne Zufahrtsstrassen geschlossen. Noch gravierender ist die Situation im Wallis. Dort sind ganze Täler von der Aussenwelt abgeschnitten. Mit einer Entspannung ist laut Pielmeier erst am Freitag zu rechnen.
Lothar war viel stärker als Burglind
Trotz der nach wie vor angespannten Lage ist die Situation nicht mit jener von 1999 zu vergleichen. Damals fegte der Orkan Lothar über die Schweiz und hinterliess Chaos und Zerstörung. Allein im Kanton Bern waren 51'000 Haushalte betroffen, die Gebäudeversicherung verzeichnete Schäden von 150 Millionen Franken. Bei Burglind geht sie hingegen von einer Schadensumme von 6 bis 10 Millionen Franken und von bis zu 5000 betroffenen Gebäuden aus.
Auch in Sachen Windspitzen sind die beiden Stürme nicht vergleichbar. Bei Lothar wurde in den höchsten Lagen eine maximale Geschwindigkeit von beinahe 250 Kilometern pro Stunde gemessen. Bei Burglind waren es am Mittwoch knapp 200 Kilometer pro Stunde. Meteo Schweiz bezeichnet letzteren denn auch als starken, aber nicht extremen Sturm. Gerade in den Alpen seien die registrierten Windspitzen denn «nichts Aussergewöhnliches».
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