Samstagsgespräch mit Karin Wenger«Auch ein Auftragsmörder will ein guter Mensch sein»
Wie kann jemand weiterleben, der eine Extremsituation wie eine Geiselhaft oder einen Genozid überstanden hat? Die SRF-Südostasienkorrespondentin sucht in ihren Büchern nach Antworten.

Sie porträtieren Menschen mit heftigen Schicksalen. Besonders betroffen gemacht hat mich die Geschichte von Rozina – einer Näherin aus Bangladesh, die beim Einsturz der Fabrik drei Tage lang eingeklemmt war und ihren Arm selber absägen musste, um sich zu befreien.
Ja, Rozina hat mich stark mit meinen eigenen Vorurteilen konfrontiert. Ich reiste zu ihr, hörte ihre Geschichte und glaubte keine Sekunde daran, dass sie sich je von diesem Schicksalsschlag erholen würde. Aber in den folgenden Jahren besuchte ich sie immer wieder, und mir wurde bewusst, dass ich aufpassen muss, wen ich zum Opfer mache. Die Frau hat eine unglaubliche Stärke in sich. Sie hat ihre Geschichte tatsächlich wenden können.