Asylbewerber ziehen in die letzte Dorfbeiz ein
Ende August geht in der Spiezer Bäuert eine Ära zu Ende: Mit dem Hotel-Restaurant Bärgsunne wird die letzte Beiz im Dorf ihre Türen schliessen. Spätestens bis Ende Jahr ziehen Asylbewerber aus der nahen Kollektivunterkunft Freyberg in den Betrieb um. Richtig erfreut ist darüber nur die Zentrumsbetreiberin.

«Für wen strahlt die Bärgsunne künftig?» Diesen Titel setzte diese Zeitung vor knapp einem Jahr über einen Bericht, der von den Verkaufsabsichten des Besitzer- und Wirtepaars Jutta und Karl-Heinz Hubertz handelte. Sie hatten den Betrieb an der Aeschistrasse 12 im Jahr 2000 erworben.
Vorab altershalber und auch, weil dem Patron das lange Stehen am Herd zusehends Mühe bereitete, suchten Hubertz' nach einer Nachfolgelösung. Fündig wurden sie nicht.
Nun lässt sich obige Frage vorderhand beantworten: Asylsuchende und Mitarbeiter der Betreuungsorganisation Asylkoordination Thun (AKT) – sie wird ab 2018 vom Verein Asyl Berner Oberland (ABO) abgelöst – ziehen in die Bärgsunne ein. Wie die kantonale Polizei- und Militärdirektion mitteilt, wird der Umzug aus der heutigen Kollektivunterkunft Freyberg hinauf in die neuen Räumlichkeiten «im Verlauf des letzten Quartals» erfolgen.
Es sind nur wenige Hundert Meter, die den neuen und den bisherigen Standort voneinander trennen. An Letzterem wird seit Anfang 2008 von der AKT eine Asylunterkunft mit 50 Plätzen betrieben. Bereits von 1995 bis 2005 war die Liegenschaft der Hauenstein Immobilien AG aus Gunten als Durchgangszentrum genutzt worden. Nun laufe der Mietvertrag Ende Jahr aus, teilt der Kanton mit.
Wie die Zukunft des Freybergs aussehen wird, ist heute gänzlich offen. Das war am Montag bei der Firma Hauenstein zu erfahren. Gleichentags informierte die Betreuungsorganisation mit dem kantonalen Migrationsdienst die Hondricher Bevölkerung über die Pläne in der Bärgsunne.
Heute 50, künftig 80 Plätze
«Für uns ist die Bärgsunne ein Glücksfall», sagt Barbara Jost. Sie ist bei der AKT/ABO mit der Leitung der Kollektivunterkünfte – dem Freyberg Hondrich und dem Rugen in Matten – betraut. Zwar sei der Freyberg eine tolle Unterkunft und das Verhältnis mit den Anwohnern ein stets «sehr gutes» gewesen, doch werde man künftig von stark verbesserten Platzverhältnissen profitieren.
Laut Jost sind in der Bärgsunne, in der vor dem Einzug «noch zwei, drei Sachen» baulich angepasst werden müssen, 80 Plätze vorgesehen – 30 mehr als heute. Die Betreuung, die «vom bewährten Team weitergeführt wird», soll in ähnlichem Rahmen erfolgen wie bislang im Freyberg.
Dort stehen tagsüber drei Personen im Einsatz, zudem gibt es eine Nachtwache. Barbara Jost betont, dass das Angebot in der Spiezer Bäuert gut integriert und akzeptiert sei. «Wir haben mit der Bevölkerung ein gutes Einvernehmen und hoffen, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. Das ist uns wichtig.»
Dass man ein gutes Miteinander pflegt, bestätigt Ortsvereinspräsident Andreas Strahm, der sagt, dass man vor zwei Jahren mit Bewohnern und Betreibern der Asylunterkunft ein Fest auf die Beine gestellt habe. Was die Hondricher jedoch bedauern würden, so Strahm, sei die Tatsache, dass man «hier nichts mehr hat».
Vor Jahren schlossen die Post und das Lädeli, nun trifft es das letzte Wirtshaus. «Daher haben wir darauf gehofft, dass die Beiz verkauft wird und uns erhalten bleibt.» Diese Hoffnung hegte auch die Gemeinde Spiez, wie deren Präsidentin Jolanda Brunner sagt. «Gerne hätten wir den Fortbestand der Bärgsunne als Treffpunkt für die Bäuert gesehen.»
Während der letzten 13 Jahre war im Betrieb auch der Mittagstisch der Primarschule Hondrich angesiedelt gewesen. Seit den Sommerferien werde dieser in der Schule selbst geführt, sagt Brunner. Sie ergänzt, dass die Neuorganisation in keinem Zusammenhang mit der neuen Nutzung der Dorfbeiz stehe.
«Schlaflose Nächte»
Auch das Besitzerpaar Hubertz selbst ist nicht gänzlich angetan von der jetzigen Lösung. «Wir haben drei Jahre lang vergeblich einen Käufer gesucht», sagt die Hotelière. Doch nun habe einfach etwas gehen müssen, ergänzt sie. «Wir hatten schlaflose Nächte und bedauern, dass kein Gastronomiebetrieb weitergeführt wird.»
Die Mietlösung mit der AKT/ABO – es wurde ein Fünfjahresvertrag unterzeichnet – ergab sich laut Jutta Hubertz eher zufällig. «Wir sind vom Freyberg um Mieträumlichkeiten für die allmorgendlichen Deutschkurse angefragt worden. Ich habe dann erwidert, sie sollen doch gleich das Haus kaufen. Daraus hat es sich dann entwickelt.»
Hubertz' werden aus der Wirtewohnung der 44-jährigen Bärgsunne, die 14 Zimmer und ein Restaurant mit 150 Plätzen sowie eine Terrasse, ein stillgelegtes Hallenbad und einen maroden Tennisplatz umfasst, ausziehen. Sie ziehen zurück in Karl-Heinz Hubertz' Heimat Deutschland.
«Wir haben nun fünf Jahre Zeit, eine Nachfolgelösung zu finden», sagt die Wirtin. «Irgendwann wollen wir den Betrieb verkaufen und eine Umzonung anstreben, damit Wohnraum entstehen kann.» Die Bärgsunne liegt in der Hotel-, der Tennisplatz aber in der Landwirtschaftszone. Ein Unding, das beim Bau vor 31 Jahren bewilligt worden war.
Bereits am 31. August wird die Beiz nach dem finalen Hondricher Stamm geschlossen. Zwei Tage vorher gibt es den letzten Musik-Höck.
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