Asylbetreuer bangen um ihren Job
2019 wird das Durchgangszentrum Kappelen-Lyss zum Bundesasylzentrum. Die heutige Asylbetreuungsorganisation ABR verliert durch den Wechsel ihren grössten Auftrag – und damit womöglich auch ein Teil des Personals den Job.

Es ist ein Wechsel, der auf den ersten Blick keine riesigen Veränderungen mit sich bringt: Ab 2019 wird das kantonale Durchgangszentrum in Kappelen-Lyss zum Bundesasylzentrum umfunktioniert. Statt wie bisher 180 Plätze wird das Zentrum dann 270 Plätze haben. Spürbar wird der Wechsel dennoch sein. Dies vor allem für die Asylbetreuungsorganisation ABR Asyl Biel & Region. Im Auftrag des Kantons begleitete sie bisher vor Ort die Asylsuchenden.
Mit dem Übergang des Zentrums in die Hände des Bundes verliert die ABR den Auftrag jedoch. Der Grund: Bei den Bundesasylzentren ist die Betreuung der Asylsuchenden Sache der Firma ORS. Für die ABR bedeutet dies, dass sie den Standort abgeben muss – und das schon bald. «Wir haben im Mai die Kündigung erhalten», sagt ABR-Geschäftsführer Philipp Rentsch. Demnach muss der Verein Ende November raus sein. Spätestens 2018 will der Bund dem Kanton das Gelände abkaufen. Dann soll das Zentrum noch umgebaut werden.
«Neuer Player nicht sinnvoll»
Dass der Wechsel zum Bundeszentrum auch einen Wechsel der Betreuerfirma mit sich bringen würde, wusste man in Lyss. Schliesslich erhielt die ORS bei einer entsprechenden Ausschreibung 2013 den landesweiten Zuschlag. Der ABR stellen sich dennoch Fragen. Kein Wunder: Seit 1999 hat sie in Kappelen-Lyss den Lead. In der Region ist sie entsprechend verankert. «Die Gemeinden hier wissen, was sie an uns haben», sagt Rentsch.
In der Tat: Sowohl in Kappelen als auch in Lyss haben die beiden Gemeindepräsidenten nur lobende Worte übrig. Von einem «guten Partner» ist die Rede, der die Abläufe kenne und bei Problemen schnell handle. Umso grösser ist das Unverständnis bei der ABR, dass man nach fast zwei Jahrzehnten nun das Feld räumen muss. «Für uns macht es einfach keinen Sinn, die Betreuung einem neuen Player zu übertragen, der sich vor Ort nicht auskennt», so Rentsch.
So einfach will sich die ABR deshalb nicht verdrängen lassen. Laut Rentsch habe man sich bereits an den Bund gewandt. «Wir fragten, ob wir im Rahmen einer Übergangslösung während der Bauarbeiten noch etwas länger vor Ort bleiben könnten.» Eine Übergangslösung einerseits deshalb, weil das künftige Bundesasylzentrum erst 2019 eröffnen soll und somit noch rund zwei Jahre bis zur Inbetriebnahme bleiben.
Bald neue Ausschreibung
Andererseits erhofft sich die ABR mit einer Übergangslösung aber auch, dass sie gar nicht erst wegziehen muss. Denn: Gemäss Gesetz müssen öffentliche Aufträge nach fünf Jahren neu ausgeschrieben werden – im Fall des Betreuungsauftrags für die Bundeszentren also das nächste Mal Ende 2018. Dies für die Phase ab 2019. Nach eigenen Aussagen wird sich die ABR bewerben. Grundsätzlich wäre es demnach möglich, dass die ABR dieses Jahr rausmuss, um dann Anfang 2019 zurückzukehren, sollte sie bei der Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Weil dies wenig verhältnismässig wäre, wünscht sich Rentsch eine Übergangslösung.
Beim Staatssekretariat für Migration (SEM) will man den Zeitplan nicht schönreden. «Die Konstellation ist nicht der Idealfall», sagt Sprecher Martin Reichlin. Bei Anschlusslösungen liessen sich solche Fälle aber nie ganz vermeiden. Der Bund wird den Auftrag aber ohnehin wohl nicht 2018, sondern erst ein Jahr später neu ausschreiben. «Die laufenden Verträge können bis maximal Ende 2019 verlängert werden», so Reichlin. Damit könnte die ORS also frühestens per 2020 abgelöst werden. Der Bund zieht die Vertragsverlängerung in Betracht, weil 2019 bereits das revidierte Asylgesetz in Kraft tritt und im gleichen Jahr nicht auch noch die Betreuungsfirmen wechseln sollen.
Bund ist sich nicht einig
Ob die Ausschreibung nun 2018 oder 2019 erfolgt: Dass sich die ABR für das neue Bundeszentrum bewerben wird, steht fest. Unklar bleibt jedoch, ob es bis dann eine Übergangslösung geben wird. «Wir haben vom Bund bisher noch keine abschliessende Antwort erhalten», so Rentsch. Tatsächlich scheint man sich in diesem Punkt bundesintern nicht einig zu sein.
Auf die Frage, ob in Lyss auch während der Umbauphase ab 2018 Asylsuchende untergebracht sein werden, erhält man verschiedene Antworten. Laut Bundesamt für Bauten und Logistik, das für den Umbau verantwortlich ist, würden «verschiedene Varianten mit und ohne Asylsuchende» geprüft. Beim SEM heisst es: «Es gibt keinen Parallelbetrieb.»
Neues Zentrum ungewiss
Fakt ist: Nach aktuellem Stand muss die ABR das Zentrum Ende November verlassen. Laut dem kantonalen Amt für Migration und Personenstand (MIP) werde die Umplatzierung der Asylsuchenden bis Ende 2017 vollzogen. Ob die 180 Plätze des heutigen Durchgangszentrums ersetzt werden, ist noch unklar. Das MIP will sich dazu nicht äussern. Schriftlich teilt es lediglich mit: «Aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterbringungsplätze geht der Kanton davon aus, die ihm zugewiesenen Asylsuchenden auch in Zukunft angemessen unterbringen zu können.» Wie es scheint, könnte der Kanton also auch darauf verzichten, denn die Asylgesuche sind aktuell überraschend tief.
Personal droht Jobverlust
Für die ABR wären das schlechte Neuigkeiten. Und sie würden bedeuten, dass sie Mitarbeiter entlassen muss. «Ohne Ersatzlösung wird Personal verloren gehen», sagt Philipp Rentsch. Wie viele Mitarbeiter genau davon betroffen wären, sagt er nicht. Tatsache ist: Von den 120 ABR-Mitarbeitenden sind 12 in Lyss tätig.
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