Seltenes Erfolgserlebnis Applaus hier, Ungewissheit da
Die SCL Tigers bezwingen Biel im letzten Qualifikationsspiel 4:2. Weil auch Ambri gewinnt, nehmen die Langnauer die Platzierungsrunde auf Rang 11 in Angriff – sofern sie stattfindet.

Es sind ungewohnte Töne, die aus der Garderobe der SCL Tigers dringen. Ja, da ist tatsächlich lautes Klatschen zu hören. Derlei positive Gefühlsausbrüche ist man von den Langnauern gar nicht mehr gewohnt. Schliesslich feiern sie mit dem 4:2 über Biel erst den sechsten Sieg in diesem Jahr – und den ersten nach vier Niederlagen in Folge. «Jeder Sieg ist wichtig für die Moral und das Selbstvertrauen», sagt Pascal Berger. Wobei man das Wort des Langnauer Captains fast nicht versteht, weil unten in den Katakomben mehr Lärm herrscht als in den 60 Minuten zuvor in der wegen des Coronavirus leeren Ilfishalle. Bieler und Langnauer jedenfalls tauschen sich angeregt aus, es herrscht eine aufgeräumte Stimmung. Ein wenig mahnt die Szenerie an ein Freundschaftsspiel.
Premiere für Ciaccio und Dostoinow
Egal, wie sehr alle Beteiligten betonen, man habe sich bestmöglich auf dieses Szenario einzustellen versucht: Es ist speziell. «Schiesst du ein Tor, jubeln zwanzig Spieler, nicht Tausende Leute. Das ist nicht das, was wir wollen», sagt Berger. «Aber ich bin der Meinung, dass der Entscheid des Bundesrats richtig ist. Weil man die Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle setzen muss.»
Weil die Fans draussen bleiben müssen, vermitteln sie ihre Botschaft an die Mannschaft mit einem Transparent: «Di ganzi Kurve steit zu dir. Itz kämpfe. Für d Farbe. Für üse Verein.» Und: Die SCL Tigers kämpfen tatsächlich. Wobei sie auch von den Fehlern von Elien Paupe profitieren. Beim 1:0 (19.) lenkt der Bieler Goalie den Puck ans Knie von Kevin Fey, von wo er ins Tor prallt. Vor dem 3:2 (51.) klärt Paupe die Scheibe nach vorn, wo Eero Elo steht. Zweimal können die Bieler das Skore zwar ausgleichen, doch haben die SCL Tigers darauf jeweils eine Antwort parat. Eigentlich verläuft dieses Derby ganz und gar ohne Emotionen – bis auf eine Ausnahme: Nach einem harmlosen Zweikampf streckt Beat Forster Robbie Earl mit einem Fausthieb nieder und schlägt ein zweites Mal zu, als der Langnauer bereits am Boden liegt. Es bleibt des Bielers Geheimnis, weshalb er wie eine Furie auf seinen ehemaligen Teamkollegen losging. Kein Geheimnis ist dagegen die Quittung für diese Aktion: Forster wird für ein Spiel gesperrt und muss 2500 Franken Busse zahlen.
Doch es gibt auch zwei schöne Geschichten zu erzählen: Alexei Dostoinow, der einen Grossteil der Qualifikation wegen einer Gehirnerschütterung verpasst hat, gelingt das erste Tor in dieser Saison. Und Damiano Ciaccio darf im zwölften Meisterschaftsspiel für Langnau den ersten Sieg feiern. Der eingangs Text erwähnte Applaus in der Garderobe, er ist vor allem dem Goalie gewidmet.
Bringt das Coronavirus Langnau in die Bredouille?
Bei aller Erleichterung über das Erfolgserlebnis: Verändert hat sich dadurch die Situation für die SCL Tigers nicht. Denn weil im letzten Spiel auch Ambri reüssierte, schliessen die Langnauer die Qualifikation im 11. Rang ab, da sie in den Direktduellen mit den punktgleichen Leventinern die schlechtere Bilanz vorweisen können. Die Platzierungsrunde mit Bern, Ambri und Rapperswil-Jona wird für die SCL Tigers also zum Kampf, gilt es doch Rang 11 und 12, und damit dem Playout-Final, zu entgehen.
Nur: Die Vertreter der National League entscheiden erst am Montag an einer ausserordentlichen Versammlung, wann und mit welchem Modus wegen des Coronavirus weitergespielt wird. Derzeit kursieren diverse Szenarien, und eines lautet: die Platzierungsrunde zu streichen und direkt den Playout-Final auszutragen. Es wäre für die SCL Tigers – und natürlich auch Rapperswil-Jona – ein harter Entscheid. Und einer, den die Langnauer eigentlich mit allen Mitteln anfechten müssten.

Marco Oppliger ist seit 2013 als Sportredaktor für Tamedia tätig. Seine Kernthemen sind Eishockey und Ski Alpin, ebenso berichtet er über Schwingen und Leichtathletik.
Mehr InfosFehler gefunden?Jetzt melden.