Annäherung – doch vieles bleibt offen
Zwischen Bern und Brüssel scheint Tauwetter eingesetzt zu haben: Über alle blockierten Dossiers wird laut Bundespräsidentin Doris Leuthard wieder verhandelt. Vieles bleibt indessen ungeklärt.

Wegen der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) vor über drei Jahren hatte die EU die Verhandlungen mit der Schweiz zu mehreren Themen auf Eis gelegt. Mittlerweile hat die Schweiz die Initiative umgesetzt, ohne das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu verletzen. Dennoch schien es mit den Gesprächen und Verhandlungen nicht richtig weiterzugehen.
Warum die Schweizer Dossiers blockiert blieben, war nie ganz klar. Auch wurde eine Blockade nie offiziell bestätigt. Hinter vorgehaltener Hand hiess es, die EU mache das absichtlich, um Druck beim sogenannten Rahmenabkommen auf die Schweiz auszuüben.
Auch darüber, welche Dossiers blockiert waren, gab es unterschiedliche Meinungen – je nachdem, mit wem man in Brüssel sprach. Doch nun sollen sich die Beziehungen zur EU wieder normalisieren: «Alles, was blockiert ist, wird ab jetzt verhandelt», bestätigte auch Jean-Claude Juncker nach dem Treffen am Donnerstag in Brüssel.
Stromabkommen weiterhin blockiert
Weiterhin blockiert bleibt hingegen das Stromabkommen, denn dies hat nichts mit der MEI zu tun. Seit 2007 verhandelt die Schweiz mit der EU über dieses Abkommen. Die EU ist jedoch erst bereit, diese Verhandlungen abzuschliessen, wenn sich die Schweiz und die EU über ein Rahmenabkommen geeinigt haben.
Ein institutionelles Rahmenabkommen soll die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU neu regeln. Konkret geht es darum, bei Abkommen, die der Schweiz Zugang zum EU-Binnenmarkt erlauben, zu gewährleisten, dass die Schweizer Gesetzgebung in Einklang mit jener der EU ist. Das Stromabkommen ist so ein Marktzugangsabkommen.
Seit langem schon sind jedoch die Gespräche zum Rahmenabkommen ins Stocken geraten. Noch immer offen sind laut Leuthard die Fragen eines Mechanismus zur Streitbeilegung sowie die Regelung der staatlichen Beihilfen. Am Rande der Syrien-Konferenz am Mittwoch sagte Aussenminister Didier Burkhalter, an einem kürzlich stattgefundenen informellen Treffen habe es Anzeichen gegeben, dass sich die EU in ihrer Haltung ein wenig bewegen könnte.
Laut Burkhalter war der Streitbeilegungsmechanismus diskutiert worden – wenn sich also die EU und die Schweiz über die Auslegung eines Abkommens nicht einig sind. Er betonte aber: «Formal hat sich noch nichts an der Position der EU geändert.»
Inhaltlich äusserte sich Juncker gestern nicht dazu. Er sagte aber nach dem Treffen mit Leuthard, die EU und die Schweiz hätten sich gemeinsam zum Ziel gesetzt, die Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen bis Ende Jahr abzuschliessen – auch wenn es noch offene Fragen gebe.
Schweizer Kohäsionszahlungen
Angesprochen auf die Erwartungen der EU, dass sich die Schweiz erneut mit Kohäsionszahlungen an der Entwicklung Osteuropas beteiligt, sagte die Bundespräsidentin: «Selbstverständlich partizipieren wir weiterhin, um soziale Ungleichheiten in Europa zu reduzieren.»
Doch die Schweiz stehe nicht unter Zeitdruck, sagte sie auch. Man werde bei kommenden Treffen über die Entwicklung der Beziehung Schweiz - EU Bilanz ziehen. «Im Lichte dieser Gesamtbeurteilung» werde auch der Entscheid über neue Kohäsionszahlungen fallen. «Am Schluss ist das Resultat entscheidend.»
Expertin: Man ist sich nähergekommen
«Es ist ein Zeichen, dass man sich in den problematischen Fragen offenbar nähergekommen ist und eine Einigung nicht ausschliesst», sagte die Freiburger Europarechtlerin Astrid Epiney am Donnerstag. Nach der europakompatiblen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative betreffen die problematischen Fragen das institutionelle Rahmenabkommen. Die Deblockierung der Gespräche könne damit zusammenhängen, dass sich die beiden Seiten ein bisschen nähergekommen seien, sagte sie.
ma/sda
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