An der Quelle der Muttermilch
Stillen hat gesundheitliche Vorteile für Mutter und Kind. Doch was, wenn die Brustwarzen schmerzen oder zu wenig Milch fliesst? Die Stillberatung kann meist weiterhelfen.

Schon in der ersten Schwangerschaft stand für Karin Berger, heute 41, fest: Sie würde so lange wie möglich stillen. «Die Natur hat das so vorgesehen.» Und die Mutter ist überzeugt: «Es ist das Gesündeste, was ich meinem Kind bieten kann.» Als vor drei Jahren Töchterchen Yuna zur Welt kam, beschloss sie, wenn möglich die Kleine zwei, drei Jahre lang zu stillen. Auf zweieinhalb Jahre hat sie es gebracht, zuletzt noch dreimal täglich, abends vor allem zum Kuscheln und Einschlafen.
Dann bekam sie die zweite Tochter, Mika. Jetzt isst Yuna mit den Grossen, damit die Kleine auf ihre Kosten kommt, Karin Berger will auch sie möglichst lang stillen.
Muttermilch liefert den Babys alle nötigen Nährstoffe und schützt sie vor Krankheiten.
Damit folgt sie den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und von Stillförderung Schweiz. Stillen, verkünden beide Organisationen einhellig, habe grosse Vorteile für die Gesundheit von Mutter und Kind: Muttermilch liefert den Babys alle nötigen, den Bedürfnissen angepassten Nährstoffe, versorgt sie mit Immun- und Abwehrstoffen der Mutter und schützt sie damit nicht nur vor Krankheiten in der Kindheit, sondern gemäss Studien sogar vor späterem Bluthochdruck und Diabetes. Den Müttern wiederum hilft Stillen bei der Rückbildung der Gebärmutter und senkt das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Dass Muttermilch jederzeit verfügbar, verpackungsfrei und damit ökologisch ist und erst noch das Portemonnaie schont, kommt als nützlicher Pluspunkt dazu.
Karin Berger findet das praktisch. «Ich bin sonst sehr chaotisch, und dank dem Stillen habe ich automatisch alles Wichtige dabei», sagt sie, die oft mit den zwei kleinen Kindern und den zwei Hunden draussen unterwegs ist. «Ich müsste viel mehr planen – und wüsste ja gar nicht, wie viel in eine Flasche müsste.»
Wollfettsalbe und Salbeitee halfen nicht mehr
Katrin Berger, eine der spezialisierten Stillberaterinnen an der Frauenklinik des Berner Inselspitals, nickt. «Mindestens ebenso wichtig ist allerdings auch der positive Effekt auf die Bindung von Mutter und Kind», betont sie. Zu ihr kam Karin Berger erstmals zwei Wochen nach der Geburt ihrer älteren Tochter: Ihre Brustwarzen waren wund und rissig und schmerzten derart, dass ihr das Stillen gar nicht mehr grossartig vorkam.
«Yuna trank exzessiv, alle anderthalb Stunden wieder für eine halbe Stunde», erinnert sich Karin Berger. Wollfettsalbe und Salbeitee halfen nicht mehr, eine Beratung bei einer Stillspezialistin wurde nötig. In ihrem Fall halfen ein Kombipaket aus pflegenden Auflagen und Salben, um die Haut zu schützen, und eine spezielle Low-Level-Lasertherapie. Das gebündelte Licht dieses niederenergetischen Lasers wirkt direkt auf den Zellstoffwechsel, unterstützt die Wundheilung und wirkt sich positiv auf die Schmerzrezeptoren aus. Karin Berger spürte den Effekt sofort. Die Laserbehandlung wird in der Regel zwei- bis dreimal innerhalb einer Woche durchgeführt. Und während des Laserns lässt es sich gut reden: Dann kann die Stillberaterin gleichzeitig mit den stillenden Müttern diskutieren, was sich allenfalls noch verbessern lässt. «Manchmal sind es Details, die enorm viel ausmachen – oft genügt es schon, den Arm höher abzustützen», erklärt sie. «Sonst gibt es einen zu starken und schmerzhaften Zug auf die Brust, und die Brustwarzen werden wund oder rissig.»
Kleine Kniffe bringen grosse Erleichterung
Genau das erlebte Karin Berger mit ihrer älteren Tochter Yuna. «Den Arm wenige Zentimeter zur Seite zu schieben, wirkte Wunder», sagt sie. Zuvor hatte sie nichts von solchen Kniffen gehört. «Das war plötzlich ein ganz anderes Gefühl!» Dafür nimmt sie gerne die anderthalbstündige Fahrt vom Wallis nach Bern auf sich, auch mit dem zweiten Kind.
Das Inselspital trägt seit 1997 für die Rundumsorge der stillenden Mütter die Zertifizierung «Babyfreundliches Spital» des Kinderhilfswerks Unicef der Vereinten Nationen. Die Frauenklinik des Universitätsspitals Basel besitzt das Label ebenfalls, und auch das Universitätsspital Zürich setzt auf gute Stillberatung.
Mit der inzwischen halbjährigen Mika hatte Karin Berger den Dreh dann ziemlich schnell raus. Routiniert legt sie das Baby so an, dass es sie nicht wund nuckelt. Die Kleine trinkt ihre jeweilige Portion Muttermilch innert weniger Minuten, meist nur auf einer Seite und nur alle drei Stunden – dafür mit kräftigen Zügen. Auch diesmal war die Mutter froh um die kleinen Tipps der Stillberaterin. Und diesmal half die Lasertherapie vorbeugen, damit die Haut gar nicht erst wund und rissig wurde.
«Es gibt immer mehrere Möglichkeiten»
Gleichzeitig konnte die Stillberaterin der Mutter Karin Berger ein paar Tipps gegen das Erbrechen geben, denn Mika gibt nach dem Trinken schwallweise Milch wieder hoch: «Hier helfen eine aufrechtere Stillposition und öfteres Aufstossenlassen.» Sie empfiehlt Müttern, sich beraten zu lassen, bevor die Schmerzen unerträglich sind. Dann erhebt sie eine Anamnese, klärt die Wünsche der jungen Mütter, schaut, was möglich ist und was sich wie therapieren lässt. Letztes Jahr führten die Stillberaterinnen an der Berner Frauenklinik 1826 ambulante und stationäre Beratungen durch. Zudem betreiben sie eine 24-Stunden-Helpline für Fragestellungen rund um das Stillen.
Neben Fragen zu wunden Brustwarzen, Milchmenge, korrektem Anlegen und Brustentzündungen dreht es sich laut der Fachfrau dabei oft um das Thema «Stillen und Arbeiten»: wie das mit dem Abpumpen läuft, wo die Mutter einen ruhigen Platz erhält, wie sie den Alltag mit dem Arbeitgeber absprechen kann. Manchmal, sagt Katrin Berger, heisst Stillberatung auch, einen guten Weg zum Abstillen zu finden, weil eine Mutter nicht (mehr) stillen kann oder will. «Es gibt immer mehrere Möglichkeiten, es ist nie schwarz-weiss», sagt sie. Und: «Am wichtigsten ist, sein Kind gernzuhaben.» Deshalb gehört zur guten Stillberatung, zu zeigen, wie Mütter auch ohne Stillen eine enge Beziehung zu ihrem Baby aufbauen können.
Karin Berger lässt Tochter Mika nach dem Trinken aufstossen und packt sie in den Babysitz. Sie nimmt Tochter Yuna an der Hand und verabschiedet sich von Stillberaterin Katrin Berger: Noch ein, zwei Termine in den nächsten Wochen, dann braucht sie nur noch bei Problemen Beratung. «Aber es war sehr wichtig für mich, dass mir jemand zeigte, wie ich mit dem Stillen meinen Weg gehen kann.»
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