Am Geburtsort der «Stillen Nacht»
Die Umgebung von Salzburg ist die Wiege von «Stille Nacht». Das 1818 komponierte Lied eroberte die Welt, wurde in dreihundert Sprachen übersetzt und ist heute Unesco-Kulturerbe.

Max Gurtner ist kaum zu bremsen, wenn er über Franz Xaver Gruber, den prominenten Bewohner des gelben Hauses vor der Wallfahrtskirche in Arnsdorf, erzählt. Der Museumsleiter ist so etwas wie «Mister Stille Nacht» und kennt alle Details der Entstehung des berühmtesten Weihnachtsliedes, das 2018 das 200-Jahr-Jubiläum feiert.
Gurtner führt die knarrenden Holzstufen hinauf direkt in die einstige Wohnung von Franz Xaver Gruber, die inzwischen ein Museum ist. Hier schrieb der Lehrer, Organist und Komponist die Melodie, die heute jedes Kind kennt. «Ein Lied so grad aus dem Herzen», schwärmt Gurtner und zeigt ein Autograf mit Grubers Handschrift und weitere Dokumente.
Längst heisst der Platz vor dem Haus «Stille-Nacht-Platz». Im nur vier Kilometer entfernten Oberndorf gibt es gar einen ganzen Stille-Nacht-Bezirk. In der Flachgauer Grenzstadt hat man den touristischen Mehrwert des Themas schon lange erkannt. Schliesslich erklang in der dortigen Kirche St. Nikola 1818 erstmals die weltberühmte Melodie.
Heute steht an diesem Ort eine kleine Stille-Nacht-Kapelle, vor der sich schon mal Schlangen bilden. Vor allem, wenn drinnen der ehemalige DSDS-Sieger Tobias Regner das Weihnachtslied nur in Begleitung einer Gitarre anstimmt. Da bleibt kein Auge trocken. «Ich glaube, dass dieses Lied nur im schlichten Arrangement der Originalfassung seine volle Wirkung entfalten kann», sagt der Rocksänger.
Text von einem Hilfspfarrer
Daran hätte Joseph Mohr seine Freude gehabt. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Hilfspfarrer war nämlich Autor der trostreichen Zeilen, die er schon 1816 schrieb, «wohl aus Sehnsucht nach Frieden und nach einer Familie», wie Gurtner vermutet. Der junge Mohr wusste um die Not der Menschen und ihre Sorgen. Die Zeit war geprägt von politischen Umwälzungen, wirtschaftlicher Not und Naturkatastrophen. Er schrieb einen leicht verständlichen Text, der die Menschen ergriff.
Der Auftrag Mohrs an Gruber, eine Melodie für zwei Stimmen, Chor und mit schlichter Gitarrenbegleitung zu komponieren, war ziemlich revolutionär. Die Gitarre war zu jener Zeit ein reines Wirtshausinstrument. Undenkbar, dass man es in einer Kirche spielte. Lange hielt sich deshalb die Legende, dass Mohr darauf ausgewichen sei, weil eine Maus den Blasebalg der Oberndorfer Orgel angeknabbert habe. «Alles Unsinn», weiss Max Gurtner.
Dass freilich ihr Weihnachtslied einst um die Welt gehen und in über dreihundert Sprachen übersetzt würde, konnten Mohr und Gruber nicht erahnen. Inzwischen werden in Hallein bei Salzburg, wo Gruber während 28 Jahren lebte und als Organist wirkte, alle Exponate der beiden wie Juwelen aufbewahrt. Zu sehen sein werden sie alle erst im September 2018, wenn das rundum erneuerte Stille-Nacht-Museum in Grubers ehemaligem Wohnhaus eröffnet wird. Einige Exponate wie die Originalgitarre sind zwischenzeitlich im Keltenmuseum untergebracht.
Sogar Unesco-Kulturerbe
Sieben Stille-Nacht-Orte gibt es insgesamt im Salzburgerland. Dazu noch weitere in Oberösterreich und Tirol. Tatsächlich hat das Lied dank den Tiroler Familien Strasser und Rainer aus dem Zillertal die Welt erobert. Erstere waren fahrende Händler, die am Weihnachtsmarkt in Leipzig zwecks Ankurbelung ihrer Verkäufe das Lied sangen, Letztere eine Sängerfamilie, die Konzertreisen bis in die USA unternahm und dort das Weihnachtslied als «ächtes Tyroler Lied» zum Besten gab.
Seit 2011 ist das Lied, das als Friedenslied gilt, immaterielles Unesco-Kulturerbe. Schliesslich wird ihm auch eine politische Dimension zugesprochen, wurde es doch während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert von den Soldaten über die Schützengräben hinweg gemeinsam gesungen. In den USA ist der Exportschlager als «Silent Night» so beliebt, dass er für amerikanisches Liedgut gehalten wird – dank Bing Crosby, dessen Version sich über 30 Millionen Mal verkaufte. Ihn hat nicht nur das schlichte Lied fasziniert.
Auch Elvis, Mahalia Jackson, Frank Sinatra oder Björk haben es aus voller Kehle gesungen. Erst recht die Band «Die Toten Hosen». Da schrammen die Gitarren, und Leadsänger Campino schreit «Schlaaaf in hiiiimmlischer Ruuh» in die Welt hinaus. Von wegen Stille Nacht!
Die Reise wurde unterstützt von Österreich Tourismus.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch