Personalengpässe im Kanton BernAltersheime setzen an Covid-19-Erkrankte ein
Pflegerinnen und Pfleger, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, betreuen teilweise weiter Alte und Kranke. Das berichtet die «SonntagsZeitung».

Pflegeeinrichtungen in der Schweiz stossen zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten, setzen sie teilweise infiziertes Personal ein, wie die «SonntagsZeitung» berichtet.
So wurden mehrere Pflegerinnen eines Altersheims im Kanton Bern krank und zeigten Corona-typische Symptome. Daraufhin machten sie einen Test. Dieser zeigte wenig überraschend: Sie hatten sich mit Covid-19 angesteckt. Doch anstatt sich zu Hause zu isolieren, wie es den Regeln des Bundesamts für Gesundheit entspricht, wurden sie von ihren Vorgesetzten zur Arbeit aufgeboten.
Eine Pflegefachfrau erzählt in der «SonntagsZeitung»: «Die Pflegerinnen haben nun einen Gewissenskonflikt.» Denn einerseits wollten sie niemanden anstecken, andererseits ihre Kolleginnen und Kollegen nicht im Stich lassen.
Offenbar hat der Kanton erlaubt, dass die Betroffenen trotz Erkrankung arbeiten. Gundekar Giebel, Mediensprecher der Gesundheitsdirektion, wird zitiert: «Die Bewilligung ist vom Kantonsarztamt erteilt worden.» Es gälten klare Regeln: Die Infizierten würden «ausschliesslich in der Betreuung von positiv getesteten Bewohnern eingebunden und müssen ausserhalb der Arbeitszeit strikt die Isolation einhalten».
Die Behörden berufen sich bei ihrem aussergewöhnlichen Vorgehen auf Richtlinien des nationalen Zentrums für Infektionsprävention, Swissnoso. Dieses sieht bei relevantem Mangel an Gesundheitspersonal Ausnahmen bei der Isolation vor.
Doch das gilt ausdrücklich nur für Akutspitäler. «Andere nicht-akutmedizinische Einrichtungen wie etwa Altersheime sollten weiterhin den vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ausgesprochenen Empfehlungen folgen», heisst es in den Richtlinien von Swissnoso. Das bedeutet: Sie sollen in Isolation gehen und diese unbedingt einhalten.
Doch das Vorgehen des Kantons Bern ist offenbar kein Einzelfall: Yvonne Ribi vom Schweizer Berufsverband des Pflegefachpersonals weiss von Institutionen in mehreren Kantonen, wo ebenfalls Pflegende trotz positivem Testresultat und deutlichen Symptomen angehalten wurden, im Altersheim zu arbeiten. Sie sagt: «Wir verurteilen diese Praxis klar und wehren uns dagegen.»
Mirjam Comtesse ist Historikerin und arbeitet als Redaktorin im Ressort Bern. Ihre Schwerpunkte sind Bildungspolitik und Religion.
Mehr InfosFehler gefunden?Jetzt melden.