ZoomAls in Altdorf Trams fuhren
Historische Fotos aus dem Kanton Uri zeigen, wie stark der Fortschritt das Land prägte. Fern und verloren ist die Zeit, in der unsere Vorfahren lebten.

Fotoalben üben eine besondere Anziehungskraft aus, seien sie gedruckt oder digital. Dabei geht es nicht bloss um aktuelle Bilder, die schnell die Runde machen, sondern auch, ja vor allem um schon länger zurückliegende Aufnahmen.
Was, so sah es damals aus? Schau dir mal die Kleider an! Wo gibt es noch solche unverbauten Landschaften? Der Blick zurück zieht uns in Bann, weil wir so in einen Dialog treten mit dem Jetzt. Gute Bildbände mit historischem Material bauen Brücken in die Gegenwart.


«Fotografie in Uri» ist ein solches Werk. Wir blättern mit Neugier darin und versuchen, uns in die Lebenswelt unserer Vorfahren hineinzuversetzen. Wie sah ihr Alltag aus, womit haben sie sich beschäftigt, und was haben sie wohl gedacht?
Anhand eines Kantons lassen wir die Geschichte der Fotografie vom Anfang bis in die Gegenwart Revue passieren. Was in der weiten Welt passiert, kann man hier im Kleinen studieren: Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen durch die Industrialisierung und das Bevölkerungswachstum etwa.



Auf einem der Bilder sehen wir ein Ehepaar, dessen Rollen zur traditionellen Kleidung passen: Sie ist ihm ganz zugekehrt – und er? Er gibt sich, obwohl berührt, völlig ungerührt. Unverwandt blickt er in die Kamera. Er weiss, was es heisst, repräsentieren zu müssen und Haltung zu zeigen.




So fremd diese Rollenteilung, so überraschend das Tram, das 1950 durch Altdorf fährt. Das Aufkommen des motorisierten Verkehrs führte dazu, dass die Strecke nach Flüelen eingestellt wurde. Autobusse ersetzten die Strassenbahn in Uri.



Ruedi Gisler-Pfrunder hat immens viel Bildmaterial für den voluminösen Band versammelt: von den ersten Wanderfotografen des 19. Jahrhunderts bis zu den neuen Dokumentationen über Sawiris’ Bauprojekt. Diesen Fundus hat der Grafiker Christof Hirtler attraktiv gestaltet. Beim Betrachten der Fotos lernt man viel – auch über sich selbst.

Guido Kalberer, Teamleiter Kultur, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie. Er schreibt vor allem über Themen an der Schnittstelle zwischen Kultur und Gesellschaft.
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