Als die Mühlen noch klapperten
und um Köniz herum»
Verträumt und selbstbewusst zugleich steht das Haus an der Strasse zwischen Oberscherli und Niedermuhlern. Eine Steintreppe mit zwei Aufgängen führt zum Hauseingang. Zwischen den Riegbalken leuchtet die weiss getünchte Steinfassade im Licht der Herbstsonne. Unterhalb des Daches zieht sich ein hölzerner Balkon über die gesamte Länge des Hauses hin. Obwohl das prägnante Wasserrad fehlt, erkennt Ernst Eichenberger das Haus unschwer als Mühle. «Sicher eine der imposantesten Mühlen in der Umgebung», sagt er. Der 69-jährige ehemalige Diplomat muss es wissen. Er hat die Mühlen in und um Köniz erforscht und sein Wissen in einem Buch zusammengefasst. Die Bachmühle in Niedermuhlern ist einer der vielen Betriebe, in denen zu vorindustrieller Zeit die Kraft des Wassers genutzt wurde. Den Reichtum gezeigt «Ein Herrschaftshaus» nennt Eichenberger das Gebäude mit der Freitreppe, die zum Hauseingang im Hochparterre führt. «Die Mühlenbesitzer waren früher ziemlich reich», sagt er – und sie hätten dies auch gerne gezeigt. Deshalb hätten sie oft mit Neid und Missgunst zu kämpfen gehabt. Die Symbole des Reichtums finden sich auch auf der Unterseite des Satteldaches, das mit Holz verkleidet ist. Aufgemalte Himmelsgestirne – Sonne, Mond und Sterne – zieren die Dachründi. An der Mauer steht die Jahreszahl 1773. «Die Mühle ist aber schon älter», sagt Eichenberger. Bereits in einem Pachtbrief aus dem Jahr 1748 seien zwei Mühlen erwähnt. Die ältere Mühle befindet sich auf der gegenüberliegenden Strassenseite. Heute beherbergt sie das Restaurant Bachmühle. Am gleichen Platz soll schon vor rund 1000 Jahren eine Mühle gestanden haben. Noch heute fliesst der Scherlibach in Rohren durch den Keller des Restaurants. Seit dem Bau der neuen Mühle im 18.Jahrhundert diente das Gebäude jedoch in erster Linie als Wohnhaus des Müllers, bevor es zu einem Restaurant wurde. In der Nähe habe sich früher eine Bäckerei befunden, weiss Ernst Eichenberger. Etwas weiter oben, wo die Strasse in Richtung Niedermuhlern eine Kurve macht, steht noch immer eine alte Sägerei. «Früher waren solche Mühlen fast schon wirtschaftliche Zentren», sagt der Hobbyhistoriker. Bern leitete Wasser ab Ernst Eichenberger zeigt in Richtung Waldrand. «Dort wurde das Wasser des Scherlibachs in einen Kanal gefasst», erklärt er. Auf der Südseite des Mühlegebäudes habe der Kanal eine 90-Grad-Drehung gemacht und der Hausfassade entlang zum Mühlrad geführt. Das Rad existiert heute nicht mehr, ein Teil des Kanals aber ist noch zu sehen. An der Mauer lehnt zudem ein alter Mühlstein, der mit Moos bewachsen ist. Man kann nur noch erahnen, wie es ausgesehen haben mag, als das Wasser auf das Rad strömte und so die Mühlsteine im Gebäude antrieb. Vor gut 100 Jahren war die Ära der mit Wasser betriebenen Bachmühle zu Ende. Viele Quellen, die zuvor in den Scherlibach geflossen waren, wurden für die Trinkwasservorsorgung der Stadt Bern abgeleitet. So reichte die Wasserkraft nicht mehr aus für den Betrieb: 1908 wurde die Mühle elektrifiziert. Nachdem der Betrieb 1985 eingestellt worden ist, dient das Gebäude als Wohnhaus. Etwa 6 Jahre hat Ernst Eichenberger, der mit seiner Frau in Schliern wohnt, in sein Buch über die Könizer Mühlen investiert. Er habe jedoch nicht täglich daran gearbeitet. «Es war wie ein Puzzle, bei dem ich immer wieder ein Steinchen gefunden habe.» Viele Informationen hat er durch Gespräche mit Leuten gesammelt. Zudem durchforstete er das kantonale Staatsarchiv nach Dokumenten. Die alten Quellen zu entziffern sei anfangs nicht ganz einfach gewesen, sagt Eichenberger. Mittlerweile könne er die alte deutsche Schrift aber recht gut lesen. Mit Wasser begonnen Wie er, der seine berufliche Laufbahn in Ländern wie England, Australien, dem Irak, Kanada oder Jordanien verbrachte, zur Geschichte der Mühlen um Köniz gekommen ist, kann der gebürtige Aargauer gar nicht mehr so recht erklären. Nach seiner Pensionierung im Jahr 2000 habe sich eins aus dem andern ergeben. Am Anfang habe das Interesse für Wasser gestanden, dann die Nutzung der Wasserkraft, bis er bei den Mühlen angelangt sei. Geplant habe er das aber nicht, betont er. «Die Mühlen in und um Köniz herum» ist das dritte Buch, das Ernst Eichenberger im Selbstverlag herausgegeben hat. Für seine erste Publikation hat er das Tagebuch eines Bauern aus dem 19.Jahrhundert transkribiert und ausgewertet. Später schrieb er die Chronik der Käserei Oberblacken von 1872 bis heute. Nach dem Buch über die Mühlen steht nun eine Studie über die frühere Abhängigkeit der Wasserversorgung der Stadt Bern von Köniz auf dem Programm. Im November feiert Ernst Eichenberger zudem seinen 70.Geburtstag. Langweilig wird es ihm nicht so bald. Nicole HättenschwilerDas Buch kostet 20 Franken und kann auf der Gemeindekanzlei Köniz oder bei Ernst Eichenberger, Haselholzweg 37, Schliern b. Köniz, 031 9713127, bezogen werden. >
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch