«Als Coach bist du eine Art Diener»
Unihockey-Trainer René Berliat, Pionier seiner Sportart und Coach von Playoff-Halbfinalist Floorball Köniz, befindet sich derzeit im «Kampfmodus».

Die Nachricht kommt am Donnerstag in der Früh, um 6.01 Uhr, nur wenige Stunden nach dem 6:5-Sieg von Floorball Köniz zum Auftakt der Halbfinalserie im Playoff gegen GC. «Mich hat es mit Magen-Darm-Grippe erwischt, habe leicht Fieber», schreibt Kulttrainer René Berliat, der seit bald 30 Jahren mit den Vorstädtern verbandelt ist, per Whatsapp.
Wegen der Ansteckungsgefahr einigt man sich darauf, telefonisch zu kommunizieren. Später am Nachmittag ist am Handy von einem angeschlagenen Berliat fast nichts zu merken – ansteckend mutet nur seine spürbare Passion an, mit der er über das Playoff spricht. Und wenn es um seine Herzensangelegenheit Unihockey geht, vergisst der 49-Jährige sowieso jedes Unwohlsein.
René Berliat, wie haben Sie nach dem spannenden 6:5-Sieg gegen GC geschlafen?René Berliat: Unruhig, aber gut. Ich nenne das Adrenalinschlaf. Der Körper ist noch vollgepumpt mit Energie vom Spiel, deshalb ist es fast unmöglich, sofort einzuschlafen. Bis etwa 2.30 Uhr habe ich den Match nachbearbeitet und ausgewertet.
Schlafen Sie während des Playoff schlechter als üblich? Eigentlich nicht. Ich schaue sogar, dass ich zu mehr Schlaf komme, gehe bewusst früher ins Bett. Je ausgeruhter und frischer ich bin, desto ausgeglichener und ruhiger kann ich vor das Team treten und es bestmöglich vorbereiten. Es ist wichtig, dass ich mich in dieser intensiven Zeit selber gut unter Kontrolle habe, dafür braucht es genügend Schlaf.
Ihr aktueller Status auf Whatsapp lautet: «Im Kampfmodus!» Ist dies auf das Playoff bezogen? (Lacht): Ja, klar!
Was ist so speziell am Playoff? Es fühlt sich richtig heftig an, handelt sich um eine Ausnahmezeit. Wie ausgeliefert man sich als Coach in gewissen Momenten während eines Playoff-Spiels fühlt, weil man selber nicht mitspielen kann, empfinde ich als krass. Das Playoff braucht einen in mentaler Hinsicht extrem, weil man in dieser Zeit den totalen Fokus auf die Sache hat und alles andere Unwichtige ausblendet. Zudem arbeitet man intensiv mit einer Gruppe, geht voll auf sie und ihre Emotionen ein. Das ist extrem anstrengend, braucht mich jeweils enorm.
Haben Sie spezielle Rituale? Eigentlich nicht. Ausser, dass ich spezielle Musikplaylisten anfertige, die mich durch die Serien begleiten. Aber grundsätzlich versuche ich meine Energie auf das Playoff zu lenken. Meine Gedanken kreisen vor den Spielen um die perfekte Vorbereitung und nach den Partien um die bestmögliche Nachbereitung. Das Playoff ist nur einmal im Jahr, ich richte alles danach aus, versuche jedes Detail zu berücksichtigen.
Es wird das letzte Playoff sein. Der Rücktritt per Ende Saison ist bekannt. Sie sind mit Unihockey stark verbunden, arbeiten seit 30 Jahren als Coach, meist im Leistungssport. Wieso hören Sie auf? Ich habe mich bewusst für diesen Schritt entschieden. In der Position als Coach bist du auf diesem Niveau eine Art Diener, gibst extrem viel Energie von dir her, die du nicht immer in der gleichen Form zurückerhältst. Und nach all den Jahren wiederholen sich viele Abläufe und Geschichten immer wieder. Zudem wird meine Freundin aus Deutschland nach einer Fernbeziehung bald zu mir ziehen, meine Prioritäten haben sich zuletzt sicher auch ein bisschen verschoben, und ich versuche anderen Facetten im Leben mehr Zeit und Platz zu geben.
Keine Angst, dass Ihnen das Kribbeln wie vor einem Playoff-Spiel dereinst fehlen wird? Nein. Ich freue mich, bald nicht mehr in der Verantwortung zu stehen, nicht immer an alles denken zu müssen. Nach 14 Jahren an der Seitenlinie hatte ich zuletzt manchmal auch Mühe damit. Auf der anderen Seite wird sich auch erst weisen müssen, wie ich in Zukunft ohne die Verantwortung und den Druck klarkomme. Es braucht auch Zeit, auszuloten, was ich in Zukunft machen will.
Es wäre das kitschige Happy End, wenn René Berliat Ende April nach dem Superfinal zum ersten Mal in seiner Karriere den Meisterpokal stemmen könnte. (Schmunzelt) Das ist ein extrem weiter Weg. Aber manchmal denke ich, dass wir es verdient hätten. Die Verantwortlichen im Verein arbeiten super, die Helfer und Spieler ziehen mit. Es braucht viel Glück, alles muss passen.
Das Fundament, den Superfinal zu erreichen, ist nach dem Startsieg gegen GC gelegt. Wie wird die Serie (best of 7) gegen die Zürcher weitergehen? Dank unserem Startsieg hat GC nun etwas mehr Druck. Doch das kann nach dem zweiten Spiel in Zürich schon wieder anders sein. Wir sind ausgeglichener und reifer als vor einem Jahr, als GC uns im Viertelfinal eliminiert hat, das macht mich sehr zuversichtlich. Es dürfte insgesamt eine enge Serie werden, aber wenn bei uns jeder zu 100 Prozent seinen Job erfüllt, sind wir als Kollektiv nur schwer zu bezwingen. Ich glaube fest daran, den Superfinal erreichen zu können.
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