AKW-ADE-Mahnwache kritisiert Grossrats-Entscheid
Das Berner Kantonsparlament will einen geordneten Ausstieg aus der Kernenergie. Eine raschere Gangart lehnte eine Mehrheit des Grossen Rates am Dienstag im Rahmen einer Sondersession zum Thema Energie aber ab. Die AKW-ADE-Mahnwache kritisiert diesen Entscheid scharf.

Damit blieb das von manchen erhoffte starke Zeichen für einen raschen Atomausstieg aus. Alle Fraktionen sprachen sich mit mehr oder weniger Herzblut für den vom Bund aufgezeigten Weg aus.
Einzig die SVP übte offen Kritik. Der Bundesrat habe unter anderem «aufgrund von Illusionen» entschieden, sagte SVP- Fraktionssprecher Gerhard Fischer (Meiringen). Der Stromkonsum werde weiter zunehmen und es drohe eine Versorgungslücke.
SP und Grüne weibelten für den Atomausstieg und eine neue Energiezukunft. Atomkraft habe keine Zukunft, betonten die Fraktionssprecher. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima habe gezeigt, dass ein Supergau auch in einem hochtechnisierten Land wie Japan möglich sei.
Bürgerliche gegen «überstürzte Lösungen»
Aus den Reihen der EVP lag ein Vorstoss vor, der eine «raschestmögliche Stilllegung des AKW Mühleberg» forderte. Es gebe viele Möglichkeiten, Atomstrom zu ersetzen, betonte Joseph Jenni (EVP/Oberburg). «Der Kraftakt ist machbar und eine Willensfrage.»
Auf bürgerlicher Seite hiess es, man wolle nichts überstürzen und schon gar keine bernischen Sonderlösungen. Das Parlament lehnte schliesslich den Vorstoss selbst in der abgeschwächten Form eines Postulates mit 61 zu 72 Stimmen bei einer Enthaltung knapp ab.
Eine noch weiter gehende Forderung aus den Reihen der Grünen, das AKW Mühleberg schon nächstes Jahr abzustellen, war vor diesem Hintergrund ohnehin chancenlos.
Auch einer von der SP/JUSO/PSA-Fraktion vorgeschlagenen Standesinitiative zog die bürgerliche Mehrheit im Rat noch einen Eckzahn: sie wollte nicht, dass der Kanton Bern auf Bundesebene die Stilllegung aller Schweizer Atomkraftwerke fordert.
Diverse andere Punkte, etwa zur Förderung erneuerbarer Energien, beliess der Rat aber in der Standesinitiative.
Betroffenheit nach Fukushima
Die Atomkatastrophe von Fukushima bewegte im Frühling Dutzende Grossrätinnen und Grossräte zu gegen 50 Vorstössen, Interpellationen und Postulaten. Diese werden nun im Rahmen einer zweitägigen Sondersession beraten.
Die rot-grüne Mehrheit der Berner Kantonsregierung machte nie einen Hehl daraus, dass sie aus der Atomenergie aussteigen will - dies allerdings geordnet, wie Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer (SP) an der Sondersession nochmals betonte.
Friedlicher Protest vor dem Rathaus
Die Atomdebatte bewegte nicht nur die Politiker im Berner Rathaus, sondern auch die Bevölkerung. Verschiedene Schulklassen verfolgten die Debatten auf der Zuschauertribüne. Vor dem Rathaus protestierten mehrere Dutzend Personen friedlich gegen die Atomkraft.
Nach dem Entscheid des Grossen Rates bezieht auch das AKW-Ade-Camp Stellung: Die Haltung des Berner Grossen Rates sei ein Skandal. Damit würden die Mehrheit der Grossrätinnen finanzielle und wirtschaftliche Interessen als wichtiger als die permanente und allgegenwärtige Gefährdung und Bedrohung von über 500'000 Menschen durch den «Schrottreaktor» Mühleberg erachten.
Umso wichtiger sei die AKW-ADE-Mahnwache auf dem Viktoriaplatz für den zivilungehorsamen Widerstand und werde deshalb weiter mit Veranstaltungen, Aktionen und Demos aktiv und präsent bleiben, heisst es weiter in der Mitteilung.
Weiter fordern sie die Bevölkerung auf, sich in Anti-AKW-Gruppen zu engagieren, sich an bereits bestehenden Anti-AKW-Projekten und -Protesten zu beteiligen oder selber welche in die Wege zu leiten. Der Druck müsse erhöht werden, damit die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, insbesondere der Atomwirtschaft, den Protest und die Forderungen der «Strasse» bzw. der betroffenen Bevölkerung ernst nehmen.
Weiter mit der Kleinen Kammer
Das Kernkraftwerk Mühleberg ist seit den frühen 1970-er Jahren in Betrieb. Der Bund hat die Betriebsbewilligung über 2012 hinaus verlängert. Dagegen ist eine Beschwerde hängig.
Der Bundesrat hat am 25. Mai den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2034 beschlossen. Inzwischen hat der Nationalrat diese Haltung gestützt. Die Debatte im Ständerat steht noch aus.
SDA/met/cls
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch