«Aida am Rhein»: Mehr Aufwand, weniger Zuschauer
Die TV-Live-Übertragung des Opern-Events am Rhein lockte noch einmal die Zuschauer vor die Bildschirme. Der Trend zeigt jedoch abwärts.
338'000 Fernsehzuschauer, ein Marktanteil von 24,8 Prozent, sahen sich am Freitag die TV-Live-Übertragung des Opern-Events «Aida am Rhein» aus Basel an. Das sind nur unwesentlich weniger als letztes Jahr, als «La Bohème im Hochhaus» aus Bern gesendet wurde.
Der erste Teil der Event-Trilogie, «La Traviata im Hauptbahnhof» aus Zürich hatte vor zwei Jahren 577'000 Zuschauer verzeichnet. Dies vor allem, weil diese Form der Kultursendung damals noch völlig neu war. Qualitativ und vom Aufwand her waren die Nachfolge-Opern weit ehrgeiziger.
Mit 300 Mitwirkenden, 20 Kameras - davon eine «fliegende» Spidercam in 30 Meter Höhe - über 100 Mikrofonen und 300 Tonspuren, die es zu synchronisieren galt, war «Aida» eine logistische Parforce- Leistung. Die technische Vorbereitung nahm denn auch über ein halbes Jahr in Anspruch.
Doppelte Freude für Delnon
Für die Proben vor Ort im Hotel «Les Trois Rois» und auf dem Rhein stand dagegen nur eine Woche zur Verfügung. Set-Regisseur George Delnon profitierte davon, dass das Ensemble - Angeles Blancas als Aida, Sergej Khomov als Radames, Michelle de Young als Amneris - seine Parts für die künstlerisch viel gewagtere Inszenierung von Calixto Bieito am Theater Basel einstudiert hatte.
Delnon konnte sich am Freitag nicht nur darüber freuen, dass seine TV-«Aida» pannen- und unwetterfrei über den Bildschirm ging. Das von ihm geleitete Theater Basel war am gleichen Tag von deutschsprachigen Fachleuten zum zweiten Mal in Folge zur «Oper des Jahres» gewählt worden.
Ohne übertriebenen Pomp
Delnons Inszenierung der tragischen Liebesgeschichte zwischen der versklavten nubischen Königstochter Aida und dem ägyptischen Feldherr Radames fand den ungeteilten Beifall der Sonntagspresse und der 2000 bis 3000 Zaungäste auf der Mittleren Brücke in Basel. Positiv vermerkt wurde, dass die Pausenmoderationen von Sandra Studer im Vergleich zu «Traviata» und «Bohème» angenehm kurz waren.
Delnon verzichtete auf den Pomp, der vor allem bei Stadionaufführungen von «Aida» gern zelebriert wird. Er interpretierte den berühmten Triumphmarsch nicht als prächtigen Umzug von dekorativ kostümierten Truppen. Stattdessen liess er Radames' Heer auf einem Rheinkutter voller verletzter und wehklagender Kriegsgefangener einfahren.
Die Kostüme waren von heute. Aidas Vater, der König von Nubien etwa trug einen abgetragenen Parka, Aida selber Kopftuch und einen unförmigen Wintermantel. Pracht blieb auf die Innenräume des Grand Hotels «Les Trois Rois» beschränkt, das den Palast des Pharaos darstellte.
Der Rhein als Nil und Styx
TV-Regisseurin Nadja Zonsarowa gab dem Rhein viel Raum, oft nahm er die ganze untere Hälfte des Bildschirms ein - als Chiffre auch für die Unwägbarkeiten des Lebens, die jeden noch so ausgeklügelten menschlichen Plan vereiteln.
Auf dem Höhepunkt der Sendung - während dem ergreifenden Sterbeduett «O terra addio» - mutierte der Rhein vom Nil zum Styx: Set-Regisseur Delnon liess das Liebespaar, anders als im Original, nicht einmauern, sondern auf einem üppig beleuchteten Floss über den Fluss in die Unterwelt übersetzen.
SDA/jak
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