Abgasgebühr soll Londons Luft verbessern
Seit gestern werden Autos, die nicht den neuen Emissionsstandards genügen, mit einer hohen Abgabe belegt. Sie kommt zur bereits bestehenden Staugebühr hinzu.

Umgerechnet über 31 Franken oder 24 Pfund muss ein Autofahrer seit gestern Montag bezahlen, wenn er in den Innenstadtkern von London fährt – und wenn sein Fahrzeug nicht die neuen Abgasnormen erfüllt. Etwa 40'000 Autos und Laster pro Tag dürften von der neuen Abgabe betroffen sein, wie der städtische Verkehrsbetreiber Transport for London schätzt.
An den Zufahrtsstrassen zum Citykern – der neuen «Ultra Low Emission Zone» oder Luftreinhaltungszone – sind in den letzten Monaten Hunderte von entsprechenden Hinweisschildern platziert worden. Mit der neuen Abgasmaut will der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan nach eigener Aussage die hohe Konzentration an gesundheitsschädlichen Stickoxiden verringern. Auf den Weg gebracht wurde die Gebühr schon 2013 von Khans Vorgänger Boris Johnson.
Seit 2003 wird für den Citykern von London bereits eine sogenannte Staumaut (Congestion Charge) von 11.50 Pfund pro Fahrzeug erhoben. Wer von Montag bis Freitag zwischen 7 Uhr morgens und 18 Uhr abends in diesen Bereich fährt, wird zur Kasse gebeten. Die Abgasmaut in Höhe von 12.50 Pfund – die während 24 Stunden und 7 Tage in der Woche erhoben wird – kommt jetzt noch dazu.
New York als Vorreiter in den USA
Während London auf den Lenkungsmechanismus von (höheren) Preisen setzt, um die Luftqualität zu verbessern, versuchen es deutsche Grossstädte von Stuttgart bis Hamburg mit Fahrverboten für automobile «Dreckschleudern» in Stadtteilen mit besonders starker Luftverschmutzung. Unter Ökonomen gilt der auf Anreizen basierende Ansatz von London als das effizientere Instrument als diskriminatorische Aussperrungen zum Beispiel von Dieselfahrern.
Die Staugebühr der 8-Millionen-Metropole hat laut Transport for London die Zufahrt privater Autos in den Citykern um rund 30 Prozent verringert. Allerdings wurde dies weitgehend wettgemacht durch Fahrdienstvermittler wie Uber, welche die Gebühr nicht zahlen mussten: Deren Zahl an Fahrten in die Luftreinhaltungszone ist von täglich 4000 auf 18'000 gestiegen. Seit dieser Woche sind nun auch sie gebührenpflichtig.
In der vergangenen Woche hat sich ebenfalls das Parlament des US-Bundesstaats New York für die Einführung einer Abgabe für Autos und Lastwagen ausgesprochen. Sie soll spätestens ab Ende 2021 im New Yorker Stadtteil Manhattan erhoben werden, um die chronisch verstopften Strassen zu entlasten. Die Einnahmen von geschätzt bis zu 1 Milliarde Dollar – für Autos werden mindestens 12 Dollar pro Tag verlangt, für Lastwagen mindestens 25 Dollar – will die Stadt grösstenteils für Investitionen in ihre U-Bahn nutzen.
Ist New York in den USA der Vorreiter bei Gebühren für den motorisierten Privatverkehr, so gilt dies in Europa für Stockholm und Mailand. Auch Singapur kennt ein vergleichbares Mautsystem.
«Black Cabs» sind ausgenommen
Auf der politischen Bühne erntet die Abgasgebühr aber nicht minder heftige Kritik als Fahrverbote. Im Londoner Stadtparlament wurde die neue Maut von ihren Gegnern als unfair taxiert, weil sie von Geringverdienenden besonders schwer zu tragen sei. Einzelne Exponenten malten bereits das Gespenst von randalierenden «Gelbwesten» in der Londoner City an die Wand. Dass sich ausgerechnet die Konservativen – die im Stadtparlament in der Opposition sind – um die Nöte der kleinen Leute kümmerten, hat auf politische Beobachter aber schon etwas sonderbar gewirkt.
Merkwürdig ist aber auch, dass die rund 21'000 «Black Cabs», die für London typischen Taxis, von der neuen Gebühr ausgeklammert bleiben. Dabei gehören diese Dieselautos mit zu den dreckigsten in Europas grösster Stadt. Deren Taxifahrer haben damit einmal mehr ihr wirksames Lobbying unter Beweis gestellt. Keine Ausnahme gibts dagegen für den städtischen Fuhrpark der Polizei, der Krankenhäuser und Feuerwehren. Auf taube Ohren gestossen sind auch die Klagen der Verbände der Kleinunternehmer: Sie sehen die Existenz vieler Gewerbler wegen der Abgasmaut in Gefahr. Für einen Last- oder Lieferwagen kostet die Gebühr 100 Pfund.
Gebührenpflichtig sind in London nun alle Benzinautos, die den Euro-4-Standard nicht erfüllen, also vor 2006 in Verkehr gesetzt wurden. Bei Dieselfahrzeugen trifft es jene, die dem Euro-6-Standard nicht genügen und somit vor 2015 auf den Markt kamen. Alle in die Luftreinhaltungszone fahrenden Autos werden von einer Kamera erfasst, und anhand der Nummernschilder wird überprüft, ob das betreffende Auto die Abgasgebühr bezahlen muss oder nicht. Wer sich um diese drückt, dem droht eine Busse von 160 Pfund (knapp 210 Franken). Bis zum Oktober 2021 ist eine schrittweise Ausweitung des Regimes geplant, bis schliesslich das gesamte Londoner Stadtgebiet zwischen den grossen Autobahnumfahrungen im Norden und Süden abgedeckt ist.
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