Nach ProtestKanton Bern gibt Bieler Westastprojekt definitiv auf
Nach grossem Widerstand in der Bevölkerung und zweijährigem Dialogprozess hat der Kanton Bern am Donnerstag das Bieler Autobahnprojekt Westast endgültig begraben.

Nach Protestaktionen der Bevölkerung und zweijährigem Dialogprozess ist nun klar: Das Bieler Autobahnprojekt Westast wird nicht realisiert. Langfristig soll die Lücke im Autobahnnetz geschlossen werden, allerdings wohl mit einer Tunnellösung.
Im Fokus stehen nun aber zunächst kurz- und mittelfristige Massnahmen auf dem bestehenden Strassennetz, um den Verkehr in der Agglomeration Biel zu bändigen. Diese Massnahmen sollen ausgewertet und gegebenenfalls angepasst und weiterentwickelt werden.
Es könne nicht sein, dass nun nochmal «20 Jahre nichts geht», betonte die Nidauer Stadtpräsidentin Sandra Hess am Donnerstag vor den Medien in Bern. Das verkehrsgeplagte Städtchen Nidau habe in den vergangenen Jahrzehnten so manches Strassenprojekt kommen und gehen sehen. Nun brauche die Bevölkerung endlich Perspektiven, wie sie vom Verkehr entlastet werden könne.
Und auch Biels Stadtpräsident Erich Fehr betonte die Wichtigkeit kurz- und mittelfristiger Massnahmen für die Bevölkerung und die Stadtentwicklung.
Gegen offene Autobahn
Das Autobahnumfahrungsprojekt Westast hätte Biel und Nidau vom Durchgangsverkehr entlasten sollen. Die teilweise offene Autobahn mitten durch die Stadt rief allerdings zahlreiche Gegner auf den Plan. Mehrere tausend Menschen beteiligten sich an einer Protestkundgebung im Jahr 2018.
Fast zwei Jahre lang rangen Befürworter und Gegner um eine einvernehmliche Lösung. Anfang Dezember übergab die «Dialoggruppe Westast Biel» ihren Schlussbericht an den Kanton.
Der Regierungsrat stimmte den Vorschlägen der Gruppe am Donnerstag zu, wie Verkehrsdirektor Christoph Neuhaus vor den Medien bekannt gab.
Das heisst, dass der Kanton Bern noch vor Ende Jahr beim Bund den Abbruch des Westast-Projekts beantragen wird. Am Zubringer zum rechten Bielerseeufer, dem sogenannten Porttunnel, will die Delegation festhalten.
Der Kanton wird abklären, ob das Projekt ins Nationalstrassennetz aufgenommen werden kann und danach im Rahmen eines Gesamtverkehrskonzepts die Projektierungsarbeiten in Angriff nehmen.
Für das bestehende Strassennetz in der Region Biel werden kurz- und mittelfristige Massnahmen erarbeitet und ein Monitoring eingerichtet.
Der Juratunnel
Langfristig soll jedoch auch die Lücke im Autobahnnetz der A5 in der Region Biel geschlossen werden, wie Neuhaus vor den Medien in Bern sagte. Dabei dürfte der Fokus auf einer Tunnellösung liegen, dem sogenannten Juratunnel. Hinter einer Tunnellösung stünden auch die meisten Kritikerinnen und Kritiker des nun beerdigten Westast-Projekts, erklärte Fehr.
Die Behördendelegation will bald die Machbarkeit einer neuen Autobahnlösung prüfen, wie Neuhaus bekannt gab.
Neue Projektorganisation
Zur Umsetzung dieser Massnahmen wird Anfang Jahr eine übergeordnete Projektorganisation mit dem Namen «Espace Biel/Bienne.Nidau» eingesetzt.
Die neue Organisation soll die verschiedenen Planungen und Massnahmen gesamtheitlich und in einem partizipativen Prozess koordinieren, überwachen und steuern. Im Weiteren soll eine Reflexionsgruppe bestehend aus den Fachorganisationen und -verbänden, die schon am Dialogprozess beteiligt waren, gebildet werden. Die Gruppe soll den Behörden für Fragestellungen beratend zur Seite stehen und eng in den Prozess einbezogen werden.
Auf der A5 zwischen Neuenburg und Solothurn besteht in Biel eine Lücke im Autobahnnetz. Bereits realisiert wurde der sogenannte Ostast der Autobahnumfahrung. Er ist seit drei Jahren in Betrieb.
Die Lücke im Westen sollte der 2,2 Mrd. Franken teure Westast schliessen. Er wurde zwar vom Bundesrat bewilligt, doch gegen die an zwei Stellen offene Stadtautobahn wurde der Widerstand in der Bevölkerung immer stärker. Eine offene Autobahn mitten durch die Stadt sei keine zeitgemässe Lösung, lautete die Kritik.
Auf Antrag des Kantons Bern sistierte der Bund schliesslich das Plangenehmigungsverfahren. In einem Dialogprozess tauschten sich daraufhin Gegner und Befürworter aus. Moderiert wurde dieser Dialog vom Verkehrsexperten Hans Werder.
sda/tag
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