Geldblog: Barrier Reverse Convertibles8 Prozent Zins – wo ist der Haken?
Strukturierte Produkte bieten attraktive Renditemöglichkeiten, sind aber keineswegs risikofrei. Martin Spieler ordnet die Chancen und Risiken ein.

Neben der Liquidität, die ich für den Verzehr benötige, habe ich 100'000 Franken auf dem Sparkonto. Ich bevorzuge konservative Anlagen mit kleinem Aktienanteil, mit einem Zeithorizont von zwei bis maximal fünf Jahren. Was können Sie mir in den aktuell etwas turbulenten Zeiten empfehlen? Ich habe ein Inserat der Raiffeisen über das Renditeoptimierung-Instrument «Barrier Reverse Convertibles», 8 Prozent p.a. auf ABB, Nestlé, Roche gelesen. Können Sie mir dieses Anlage-Vehikel in kurzen Worten erklären – falls dies überhaupt möglich ist? Leserfrage von U.W.
Die Risikobereitschaft und der Anlagehorizont sind für die Wahl von Anlagemöglichkeiten entscheidend. Wenn man möglichst wenig Risiken eingehen möchte und sich auch nicht zu lange binden möchte, wird der Handlungsspielraum schon ziemlich eingeschränkt. Aktien kommen in dieser Konstellation weniger infrage, da diese einen längeren Anlagehorizont benötigen – dasselbe gilt für Fonds mit einem beträchtlichen Aktienanteil.
Nutzen könnten Sie immerhin Obligationen oder Obligationenfonds. In Schweizer Franken bringen diese aber trotz der steigenden Zinsen nach wie vor wenig Rendite. Dazu kommt, dass man mit weiteren Kursverlusten auch bei Obligationen rechnen muss, wenn die Zinsen weiter steigen. Keine Kursschwankungen haben Sie indes bei Kassenobligationen, die von vielen Banken wieder vertrieben werden. Allerdings schlagen Sie auch damit die Teuerung nicht.
Der Zins ist mit 8 Prozent pro Jahr attraktiv.
Die von Ihnen erwähnten Barrier Reverse Convertibles sind, zumindest was die Laufzeit betrifft, eine Anlagemöglichkeit auch für Investoren, die einen kürzeren Anlagehorizont haben. Bei den Barrier Reverse Convertibles handelt es sich um strukturierte Produkte zur Renditeoptimierung. Die Laufzeit bei dem von Ihnen angesprochenen Instrument auf die Aktien von ABB, Nestlé und Roche beträgt 1,75 Jahre, was Ihnen entgegenkommen würde, wobei der Herausgeber das Kapital auch früher zurückzahlen kann. Der Zins ist mit 8 Prozent pro Jahr attraktiv. Dieser Zins wird auf jeden Fall ausbezahlt. Das klingt gut und natürlich fragen Sie sich nun, was denn der Haken an der Sache ist.
Diesen gibt es selbstverständlich: Sie tragen ein erhöhtes Anlagerisiko. Denn das Kapital ist bei solchen Instrumenten nicht geschützt. Ob Sie das volle investierte Kapital am Ende der Laufzeit wieder zurückbezahlt erhalten oder nicht, hängt von der Kursentwicklung der Basiswerte ab – in diesem Fall von der Entwicklung der Aktien von ABB, Nestlé und Roche. Wenn diese unter die Barriere von 55 Prozent tauchen, werden Sie nicht mehr den vollen, ursprünglich investierten Betrag zurückbekommen. Wenn mindestens ein Basiswert während der Laufzeit auf oder unter der Barriere von 55 Prozent handelte und am Laufzeitende der Basiswert mit der schlechtesten Kursentwicklung auf oder unter dem Strike Level liegt, erhält der Anleger das Geld lediglich reduziert zurück. Die Reduktion beträgt 1 Prozent für jedes Prozent negativer Entwicklung des Basiswertes mit der schlechtesten Kursentwicklung, wobei von der Höhe des zuvor festgelegten Ausübungspreises ausgegangen wird.
Man sollte Barrier Reverse Convertibles nur nutzen, wenn man die damit verbundenen Risiken versteht und diese auch wirklich zu tragen bereit ist.
Das zeigt, dass Ihr Kapital nicht geschützt ist und Sie einen Teil Ihres Geldes verlieren können. Falls mindestens ein Basiswert während der Laufzeit einmal auf oder unter der Barriere handelte, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie weniger als hundert Prozent des ursprünglich investierten Betrags zurückerhalten. Nun kann man argumentieren, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktien von ABB, Nestlé oder Roche während der Laufzeit 45 Prozent oder mehr einbrechen, gering ist. Unmöglich ist dies aber nicht. Darum sollte man dieses Risiko für sich einberechnen.
Zu beachten ist bei solchen strukturierten Produkten noch ein anderes Risiko: das Emittentenrisiko. Sollte der Herausgeber eines strukturierten Produkts Pleite gehen, läuft man Gefahr, dass man seinen gesamten Einsatz verliert, wie dies damals beim Zusammenbruch von Lehman Brothers geschah. Darum sollte man immer auch auf die Kreditwürdigkeit des Herausgebers von solchen Instrumenten achten. Barrier-Reverse-Convertible-Instrumente bieten attraktive Renditemöglichkeiten, sind aber keineswegs risikofrei. Man sollte diese nur nutzen, wenn man die damit verbundenen Risiken versteht und diese auch wirklich zu tragen bereit ist – denn garantiert ist nur der Zinscoupon, nicht aber die volle Kapitalrückzahlung.
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