4000 Vögel zogen über den Gurnigel
Buchfinken, Ringeltauben, Bachstelzen und Drosseln. Dies sind nur einige der Vogelarten, die momentan am Himmel über der Schweiz zu sehen sind. Gestern zählten Freiwillige am Gurnigel die Zugvögel beim Alpentransit.
Auf der Passhöhe der Wasserscheide am Gurnigel standen gestern rund dreissig Beobachter und zählten die Passanten. Doch nicht die zahlreichen Wanderer wurden mit Fernrohren und Feldstechern ins Visier genommen, sondern die Reisenden, die den Luftweg über die Alpen nahmen. Immer weniger Arten Die Mitglieder des Natur- und Vogelschutzvereins Uetendorf und andere Freiwillige führten genau Buch über alle Zugvögel, die am Sonntag diese Route nach Süden wählten. Wie jedes Jahr am internationalen Zugvogeltag zählten die Ornithologen am ersten Oktobersonntag die Tiere bei deren Alpenüberquerung Richtung Winterquartier. Willy Jakob (76), pensionierter Optikermeister und Mitglied im Uetendorfer Vogelschutzverein, notierte bis elf Uhr bereits rund 200 Buchfinken. Auch zahlreiche Misteldrosseln und Bachstelzen nahmen den Weg über den Gurnigel. «Natürlich können wir nicht alle Vögel zählen, denn es gibt neben diesem hier noch viele andere Wege über oder um die Alpen», so Jakob. Über die ganze Schweiz verteilt zählten und informierten Freiwillige an 56 Ständen. Der Schweizer Vogelschutz koordiniert die Aktion und sammelt die Daten. Die Organisation möchte die Zugvögel einem möglichst breiten Publikum bekannt machen. Denn der Artenschwund macht auch vor der Vogelwelt nicht Halt. Am Gurnigel waren sich die Vogelfreunde gestern einig: noch vor einigen Jahren gab es eindeutig mehr Arten als heute. «Früher hatten wir zum Beispiel Wiedehopfe in der Nähe von Thun. Heute findet man die fast nur noch im Wallis», erinnert sich Dieter Gause (73), ehemaliger Malermeister und Präsident des Uetendorfer Vogelschutz-vereins. Die Beute lockt nach Süden Die Vögel verlieren immer mehr Lebensraum an den Menschen (siehe Kasten). Ein weiteres Problem ist die Jagd in Südeuropa und Afrika. Andere Arten wie der Rotmilan verschwinden zwar nicht, ändern aber ihr Zugverhalten und bleiben das ganze Jahr über hier. Viele Zugvögel sind Insektenfresser. Sie fliegen im Winter nicht der Wärme, sondern der Nahrung hinterher. Dank höherer Temperaturen können sich immer mehr Arten im Norden das ganze Jahr über ernähren. «Manche Arten wie Star und Schwalbe teilen sich auch auf. Ein Teil bleibt hier und ein Teil fliegt im Winter in den Süden», erklärt Jakob. Was genau einen Vogel dazu bewegt, nach Süden zu ziehen oder nicht, ist bisher nicht ganz klar. «Man sollte die Vögel fragen können», meint Willy Jakob dazu nur. Fischadler und Merlin Bis zum Abend wurden am Gurnigel rund 4000 Vögel gezählt. Die Hälfte davon waren Buchfinken. Doch auch Greifvögel wie Fischadler und Merlin wurden gesichtet. Weltweit ziehen jedes Jahr 50 Milliarden Vögel in ihr Winterquartier. Dabei sind einige fast so pünktlich wie ein Zug der SBB. Der Schweizer Vogelschutz hat einen Fahrplan zusammengestellt, wann welche Vögel am Schweizer Himmel zu sehen sind. Nahezu auf den Tag genau Anfang August ziehen zum Beispiel die Mauersegler los. Als letzter wird im November der Goldregenpfeifer erwartet. Beeindruckend ist auch das Orientierungsvermögen der Tiere. Schwalben ziehen bis nach Afrika und finden im nächsten Jahr wieder in das gleiche Nest zurück.Martina Bisculm >
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