Globaler Gesundheitsgipfel in Rom4,5 Milliarden Corona-Impfdosen für die Ärmsten
Pharmakonzerne machen Zusagen für 2021 und 2022. Grund dafür ist auch die Androhung einer Auflösung des Patentschutzes.

Die Welt will sich besser rüsten für kommende Pandemien. Und wenn sich diese auch in Zukunft nicht immer verhindern lassen, so will man doch wenigstens die Lehren aus der Corona-Krise ziehen und es beim nächsten Mal besser machen – alle gemeinsam, mit einem klaren Bekenntnis zu einem starken «Multilateralismus der Gesundheit».
In Rom haben sich dafür Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer unter der Schirmherrschaft des italienischen G-20-Vorsitzes und der EU-Kommission beraten. Persönlich anwesend waren in der römischen Villa Pamphilj allerdings nur Italiens Premier Mario Draghi und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Alle anderen Teilnehmer des sogenannten World Health Summit schalteten sich per Video zu.
«Erklärung von Rom» mit 16 Grundsätzen
«Während wir uns schon auf die nächste Pandemie vorbereiten, muss es unsere erste Priorität sein, die laufende zu überwinden», sagte Draghi. «Wir müssen die Welt impfen, und wir müssen uns dabei beeilen.» Am Ende des Gipfels verabschiedeten die Teilnehmer eine «Erklärung von Rom» in 16 Grundsätzen.
Es geht darin um eine bessere Architektur und Kooperation der internationalen Gesundheitsinstitutionen, um Frühwarnsysteme, Investitionen in sanitäre Infrastrukturen, Diagnosemethoden, Apparaturen. Der Konsens über das Papier war schon vor dem Gipfel gross, monatelang war daran gearbeitet worden.
«Es gibt nur einen Weg aus der Pandemie: in Gerechtigkeit.»
Streitfragen aber bleiben offen, die zentralste davon handelt von den Patentrechten für Impfstoffe. Einige Länder – namentlich Indien, Südafrika und die USA – haben in jüngerer Vergangenheit dafür plädiert, dass der Patentschutz der Impfstoffhersteller zeitweilig ausgesetzt würde, damit auch Länder einen Zugang zu Vakzinen haben, die über keine eigenen Produktionsanlagen verfügen. Gemeint sind ärmere Länder, vor allem afrikanische.
Bill Gates erinnerte in seinem kurzen Auftritt daran, dass von der ersten Milliarde Dosen 80 Prozent an reiche Länder gingen. «Es gibt nur einen Weg aus der Pandemie: in Gerechtigkeit.»
Verlieren die Konzerne so den Anreiz zur Innovation?
Doch die Forderung nach einer Freigabe stösst auf starken Widerstand. Die meisten Länder der EU sind gegen eine Aussetzung des Schutzes, weil sie fürchten, dass den Konzernen damit der Anreiz zur Innovation genommen werden könnte. Ausserdem habe die EU in den vergangenen Monaten 200 Millionen Impfdosen an 45 Länder ausserhalb Europas geliefert, was man auch als Nachweis für Solidarität verstanden haben will.
Von der Leyen kündigte an, «Team Europe» werde weitere 100 Millionen Dosen für die ärmsten Länder bereitstellen. Gegen eine Auflösung des Patentschutzes stellen sich natürlich vor allem die Impfstoffhersteller selbst, die in Rekordzeit Vakzine gegen Covid-19 gefunden haben.
Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind
Die wichtigsten Produzenten haben am Gipfel Zusagen gemacht: Pfizer/Biontech versprach eine Milliarde Dosen bis Ende 2021 und weitere zwei Milliarden für 2022 an Länder mit niedrigem und mittelgrossem Einkommen. Für Erstere soll der Preis nur so hoch sein, dass die Herstellungskosten gedeckt sind – die anderen erhalten einen starken Rabatt. Moderna sagte 90 Millionen für das laufende Jahr sowie 900 Millionen für das kommende Jahr zu. Und Johnson & Johnson will in diesem Jahr noch 200 Millionen und 2022 weitere 300 Millionen Dosen an Entwicklungsländer liefern.
Alles im Rahmen von Covax, einem internationalen Programm für eine faire Verteilung von Impfstoffen. Niemand sei sicher, solange nicht alle sicher seien, sagten die meisten Redner.
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