Grosse Fussballpartien werden immer auch mit den Spielorten in Verbindung gebracht. Sevilla 1982 etwa, als sich die Deutschen im WM-Halbfinal gegen Frankreich nach 1:3-Rückstand ins Elfmeterschiessen retteten und dort gewannen. Vor allem aber war es das Spiel, indem Torhüter Toni Schumacher den Franzosen Patrick Battiston fürchterlich niederstreckte. Oder zuletzt vor zwei Jahren das glückhafte 1:0 des späteren Weltmeisters Deutschland im WM-Viertelfinal im Maracana in Rio de Janeiro gegen Frankreich.
Nun also Marseille 2016. In dieser unberechenbaren, schmutzigen, chaotischen, heissen Stadt, die vieles ist und auch eine Fussballstadt. Der lokale Verein Olympique wird heissblütig geliebt, die französische Nationalmannschaft dagegen ist hier unten im Süden nicht immer wohlgelitten. Pariser Fussballer wurden auch schon ausgepfiffen. An der letzten EM in Frankreich aber feierte der Gastgeber in Marseille einen heroisch erkämpften 3:2-Sieg im Halbfinal gegen Portugal.
Das war vor 32 Jahren. 2016 ist mit Didier Deschamps einer Trainer der nationalen Auswahl, der in Marseille Heldenstatus geniesst. Er spielte länger bei Olympique, gewann die Champions League, wurde später Welt- und Europameister.
Am Donnerstag ist es enorm heiss in Marseille. Am Abend, in diesem fabelhaften Stade Vélodrome, ist die Stimmung genau so, wie man es sich vorgestellt hat: sehr laut, sehr euphorisch, sehr hühnerhautmässig.
«Allez, Bleus» schreien die einen, während die anderen vor Spielbeginn eine gigantische Deutschlandfahne entrollen. Gegenüber präsentieren sich die einheimischen Supporter ganz in Blau. Und den isländischen Hu-Klatschgesang haben beide Fangruppen im Repertoire, bei den Deutschen hört sich das «Sieg-Sieg-Sieg» irgendwie bedrohlich an. Und am Ende jubeln sowieso die französischen Anhänger am lautesten. fdr