Bildet die HKB zu viele Schauspieler aus? Studiengangsleiter Wolfram Heberle widerspricht und verweist auf den grossen Arbeitsraum, der das ganze deutsche Sprachgebiet umfasst. Zwar würden vielerorts Ensembles verkleinert und Theater geschlossen. «Demgegenüber ist das Auftragsvolumen in anderen Bereichen wie Film und Fernsehen grösser geworden», sagt er. Und: «In der Schweiz ist das Niveau der freien Szene sehr gut.» Für Schauspieler bedeutet dies, dass es viel interessante Arbeit jenseits der Stadttheaterstrukturen gibt.
Flexibilität gefragt
Dennoch lautet für die meisten Abgänger das Ziel: Erst mal ein festes Theaterengagement. Laut Wolfram Heberle erreichen dies ja nach Jahr zwischen 50 und 100 Prozent der Berner Abgänger. Die Zahl der Studierenden, die von Anfang an eine freischaffende und flexible Arbeitssituation anstreben, nehme zu. «Das entspricht auch den Veränderungen im Berufsfeld Theater.»
Er warnt auch seine Studierenden davor, ausschliesslich auf eine Laufbahn mit Ensemble-Engagements zu setzen. «Nach dem zweijährigen Anfängervertrag wird man teurer. Und ist dann schnell durch einen neuen Abgänger ersetzt.» Darum vermittelt die HKB das Ziel, sich möglichst breit aufzustellen. «Entscheidend ist am Schluss nicht, wer einen Vertrag in einem Stadttheater hat. Entscheidend ist: Wer hat Arbeit?»
Entscheidend sei letztlich eine gute Vernetzung. «Wie Julian Koechlin bereits während des Studiums Kontakte geknüpft hat, ist sehr gut», findet Heberle. Künftig will die HKB die Ausbildung noch näher mit den Theatern verknüpfen, die Studierenden sollen die Komfortzone früher verlassen. «Der Übergang vom Studium in das Berufsleben muss fliessender werden», sagt er.
Auch wenn Julian Koechlin bereits eine mit Drehterminen gefüllte Agenda hat: Für ihn hat nun ein Engagement in einem Theaterensemble erste Priorität, darum gibt er auch bei der «Viehschau», wie er das Vorsprechen nennt, Vollgas. Am liebsten ginge er nach München oder Hamburg. «In Berlin fürchte ich unterzugehen.» Toll wäre ein Vertrag, mit dem er seine Filmkarriere parallel fortsetzen könnte.
In der Premiere des Vorsprechprogramms sass auch Cihan Inan, der Schauspielchef von Konzert Theater Bern. Es ist sein erklärtes Ziel, interessante HKB-Abgänger in sein Ensemble zu holen. «Ich habe den einen oder anderen guten Schauspieler gesehen», sagt er. Ob auch Julian Koechlin auf seinem Wunschzettel fürs Berner Ensemble steht, verrät er nicht.